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Raimund Kalinowski

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Entwicklung noch nicht abgeschlossen - Hefebehandlung aber wie?

Viele Jahre lang stritten sich Skispringer darüber, ob man nun weiter flöge, wenn man die Arme ausstrecken oder eng an den Körper anlegen würde. Es schien eine Philosophiefrage zu sein, da man durch praktische Versuche zu keinem eindeutigen Ergebnis kam. Später konnte man durch Versuche im Windkanal eindeutig die bessere Methode identifizieren. Glücklicherweise war die Umstellung auf die bessere „Technologie“ mit keinerlei Investitionskosten verbunden, da die Arme der Skispringer für beide Sprungpositionen gleichermaßen gut geeignet waren.

Bei der Behandlung der Hefe werden verschiedene Technologien angewandt. Der Verfasser möchte nun nicht Partei für die eine oder andere Verfahrensweise ergreifen, sondern stellt hier sogar noch eine „eigene“ Methode der Hefevermehrung vor. Dies aber nicht um eine neue Sekte anzuführen, sondern um aufzuzeigen, dass die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist.

Sehr komplexe, mit der Zeit gewachsene Systeme sind selten optimal. Wer versucht die Flexibilität einer „Schlauchlösung“ in eine Festverrohrung zu übertragen, baut mögliche Betriebszustände und damit verbunden auch Armaturen ein, die für die notwendigen Funktionen überflüssig sind.

Ständiger Gebrauch sämtlicher Bauteile

Die ideale maschinelle Einrichtung sollte so einfach zu verstehen sein, wie die Position der Arme beim Skispringen. Gleichgültig welche Technologie man einsetzt, alle Bauteile sollten beim bestimmungsgemäßen Gebrauch stets zum Einsatz kommen. Diese Forderung ist scheinbar nicht einfach zu erfüllen, denn viele ausgeführte Anlagen verfügen über Rohre und Ventile, die sehr selten oder nie zum Einsatz kommen.

Bei der Hefebehandlung unterscheidet man folgende Verfahrensschritte:
· Hefeernte,
· Hefeaufbewahrung von der Ernte bis zum Anstellen,
· Hefegabe oder Anstellen sowie
· Hefevermehrung (Reinzucht).

Zeitweise kann man den Eindruck gewinnen, dass es sich bei einigen Betrieben nicht mehr um eine Brauerei, sondern um eine Hefefabrik handelt. Hefe braucht zum Wachstum Energie. Diese in Form von Extrakt zur Verfügung gestellte Energie, könnte statt Abfallhefe auch Bier werden. Jeder Brauer muss natürlich für sich selbst die Frage beantworten, wie oft er untergärige Hefe führen will.

Häufigkeit der Hefeführung

Üblicherweise wird die Hefe in den meisten Betrieben mehr als einmal geführt. Mikrobiologische Kontaminationen sollten heute eigentlich nicht mehr der Grund sein, die Hefe verwerfen zu müssen.

In der Literatur findet man Angaben über die Mutationsrate und die damit verbundenen möglichen Veränderungen der Gäreigenschaften. Aus Vorsicht heraus begrenzen deshalb viele Brauer die Anzahl der Führungen ohne wirklich eigene negative Erfahrungen gemacht zu haben. Es gibt aber auch große, namhafte Brauereien, die die untergärige Hefe weit über 30 mal führen.

Für eine maximale Gleichmäßigkeit der Qualität ist es zumindest theoretisch sinnvoll, ausschließlich mit Reinzuchthefe bzw. einer frisch hergeführten Hefe anzustellen. Es gibt Brauer, die ausschließlich frisch hergeführte Hefe verwenden. In diesen Betrieben findet selbstverständlich weder eine Hefeernte noch eine Hefeaufbewahrung statt.

Der selbst auferlegte Anspruch, eine technische Ausrüstung zu beschreiben, die möglichst technologieunabhängig ist, gebietet jedoch auch die Bereiche Hefeernte und Hefeaufbewahrung zu behandeln und zwar für die Brauer, die die Hefe mehrmals führen. Sinnvollerweise sollte die Hefe so aufbewahrt und behandelt werden, dass möglichst immer dieselben Bedingungen beim Anstellen vorliegen.

Zylindrokonische Gärtanks

Üblicherweise werden für die Hauptgärung zylindrokonische Gärtanks mit Konuskühlung eingesetzt. Der Sudbetrieb findet meist nur an Werktagen statt. Für die nachfolgenden Betrachtungen, wird dies als gegeben angenommen.

Kurz nach der Befüllung sinken Trubpartikel zu Boden und sammeln sich im Konus. Es gibt Brauer, die diese Trubpartikel ablassen. Falls dies nicht der Fall ist, werden sie während der Hauptgärung zum großen Teil wieder aufgewirbelt und setzen sich nicht, wie in manchem Lehrbuch dargestellt und wie es vielleicht wünschenswert wäre, an der untersten Stelle des Konusses wieder ab.

Nach abgeschlossener Hauptgärung sinkt ein Großteil der Hefe in den Konus ab. Üblicherweise wird die Hefe unmittelbar vor dem Schlauchen, dass heißt nach erfolgtem Diacethylabbau, geerntet.

Steuerung der Hefeernte

Sofern die Hefeaufbewahrung nicht in höhergelegenen Stockwerken stattfindet, wird für die Ernte keine Pumpe sondern nur ein Regelorgan benötigt. Da die Viskosität während der Ernte nicht konstant ist und für ein Regelorgan üblicherweise der Durchfluss als Führungsgröße gemessen wird, hat sich in der Praxis der Einsatz von zwangsfördernden Pumpen durchgesetzt. Diese zwangsfördernden Pumpen werden auf einen Stellwert gesetzt und nicht geregelt. Da die Pumpen im gefluteten Zustand auch saugen können, ergibt sich ein relativ gleichmäßiger Volumenstrom. Bei Einsatz eines Ventiles als Regelorgan, ist meist zu Anfang der Hefeernte der Durchfluss sehr gering. Als Regelorgan bieten sich hier z.B. hygienische Kugelventile mit Spülanschlüssen und elektrischem Antrieb an, die dann über Auf-Neutral-Zu-Regler gesteuert werden. Auch wenn hiermit die Hefeernte eventuell länger dauert, ist es eine sehr betriebssichere und auch preiswerte Lösung einer automatisierten Hefeernte.

Temperaturunterschiede trotz Konuskühlung

Die Temperatur der Hefe während der Ernte kann sehr unterschiedlich sein. Je nach Geometrie der Tanks und angewandter Gärungstechnologie, können trotz Konuskühlung Temperaturunterschiede von über 20 K auftreten. Möglicherweise ist die Beeinflussung der Gäraktivität durch diese sehr unterschiedlichen Temperaturen größer, als die Unterschiede die man in verschiedenen Schichten im Konus nachweisen kann. Selbst bei sehr langsamer Hefeernte ist ein gewisser Kernfluss nicht zu vermeiden, dass heißt, ein wirklich schichtweises Abziehen der Hefe ist kaum möglich. Wenn man die Hefe sehr langsam abzieht oder zwischendurch Pausen einlegt, hat die Hefe eine Chance nachzurutschen. Falls man feststellt, dass z.B. bestimmte, trennbare Schichten der Hefe oder Bereiche mit deutlich anderer Temperatur veränderte, nicht reversierbare Gäreigenschaften aufweisen, wäre es sinnvoll, wenn man automatisch, nach klaren Kriterien, wie z.B. Temperatur oder Menge, zwischen Erntehefe und Abfallhefe umschalten könnte. Eine solche Wegeumschaltung hygienisch richtig zu gestalten, ist nicht ganz einfach.

Eine andere Möglichkeit der Hefeernte, ist die Hefeernte mit einer Zentrifuge. Von der Gleichmäßigkeit der geernteten Hefe ist eine Separatorhefe nicht zu überbieten. Ausschließlich für die Hefeernte wird sich vermutlich niemand einen Separator anschaffen. Weiterführende Hinweise zum Separator würden an dieser Stelle zu weit führen.

Die Hefe befindet sich bis zur Hefeernte unter anaeroben Bedingungen. Es sollten die technischen Vorraussetzungen bestehen, dass die Hefe auch unter anaeroben Bedingungen eingelagert werden kann. Im Prinzip kann hier die selbe Technik verwendet werden, die bei der Filtration Anwendung findet.

Da die Temperatur der Erntehefe aus dem Konus des Gärtanks nicht konstant ist, muss die Möglichkeit bestehen, die Hefe zu temperieren. Externe Wärmeübertrager haben den großen Vorteil gegenüber doppelwandigen Tanks, dass die
· Wärmeübertragungsfläche und somit die
· Grenzflächentemperatur
frei gewählt werden kann.

Tanks für die Behandlung und Herführung der Hefe

Hefetanks für die Behandlung von Erntehefe und Tanks für die Hefeherführung unterscheiden sich prinzipiell nicht. Sie sind bezogen auf die Sudgröße nur unterschiedlich groß.

Zunächst muss der Tank incl. sämtlichem Zubehör reinig- und sterilisierbar ausgeführt werden. Dies ist nur scheinbar eine ganz selbstverständliche Forderung; denn wie ein Großteil der ausgeführten Anlagen zeigt, sind hier ein massives Misstrauen gegenüber den Lieferantenversprechungen und klar formulierte Funktionsbeschreibungen in der Bestellung dringend zu empfehlen.

Luft verhindert Sterilisation

Der häufigste Fehler ist, dass beim Sterilisieren der Dampf die Luft nicht vollständig verdrängen kann und deshalb nicht alle Anlagenteile, die direkt oder indirekt mit der Hefe in Berührung kommen können, die Kondensationstemperatur des Dampfes erreichen.

Neben der vertraglichen Absicherung, die die Planungs- und Ausführungsfehler nicht vermeidet, sondern nur die wirtschaftlichen Auswirkungen abmildern kann, kann es sehr sinnvoll sein, die Planung zu qualifizieren. Denn das, was bei theoretischen Betrachtungen nicht funktioniert, funktioniert meist auch in der Realität nicht oder nur ungenügend.

Benötigte Funktionen für Hefetanks

Die Hefetanks benötigen neben der CIP- und SIP-Fähigkeit noch folgende Funktionen:
· Mischen,
· Temperieren (kontrolliertes Kühlen und oder Erwärmen),
· Druck regeln,
· Gase lösen,
· Befüllen / Entleeren,
· Flüssigkeit hinzugeben.

Zum Mischen können Rührwerke oder Pumpen zum Einsatz kommen. Wenn die Systeme richtig geplant und ausgeführt werden, funktionieren sie beide für diese Funktion. Pumpenrührwerke bieten den Vorteil, daß sie einfacher zu warten sind, und dass die anderen geforderten Funktionen mit wesentlich geringerem Aufwand zu integrieren sind.

Die Bauart und die Ausführung der Pumpe sollte sorgfältig durchgeführt werden. Prinzipiell können folgende Bauarten zum Einsatz kommen:
· Schraubenspindelpumpen,
· Drehkolbenpumpen,
· Schraubenzentrifugalpumpen,
· Kreiselpumpen.

Wenn ein System ausschließlich Vorteile gegenüber einem anderen System hätte, würde es nach einer gewissen Zeit das andere System nicht mehr geben. Die vorangegangene Auflistung ist nach Anschaffungspreisen sortiert.

Wenn ein System dieser Größe steril ist, ist es mit vertretbarem technischen Aufwand in diesem Zustand nur zu halten, wenn es unter einem Überdruck gegenüber dem Umgebungsdruck gehalten wird. Nach dem fachgerechten Sterilisieren mit Dampf befindet sich das System unter Druck und ist luftfrei. Es sollte nun ein steriles, sauerstoffarmes Gas in das System gegeben werden, um einen Überdruck aufrecht zu erhalten. Als Gas bietet sich z.B. Stickstoff aus einer „vor Ort Lufttrennungsanlage“ an. Die Höhe des Überdruckes hängt von der Qualität der Regelkette ab, üblicherweise werden Überdrücke zwischen 5 und max. 100 mbar eingestellt.

Die genannten Funktionen sind selbsterklärend. Bei der Flüssigkeitszugabe wird es sich meist um Würze handeln. Da jedoch Alkohol ein Zellgift ist, kann es vorteilhaft sein, die geerntete Hefe z.B. mit entalkoholisiertem Bier, ggf. von Vor- und Nachlauf, zu verdünnen.

Die Temperaturführung, Belüftung und Zugabe von Würze sollte sich ausschließlich daran orientieren, wann vom Erntezeitpunkt aus gesehen die Hefe zum Anstellen benutzt werden soll.

Der Dampfeintritt für das Sterilisieren geschieht bevorzugt (in Strömungsrichtung gesehen) vor dem Sterilfilter der „Einrichtung zum Lösen von Gasen“.

Beim Anstellen ist es inzwischen gängige Praxis die Hefe kontinuierlich mit einer hygienischen, zwangsfördernden Pumpe während des Würzekühlens in den Würzestrom zu geben.

Meßsysteme der Anstellregelungen

Anstellregelungen über
· Differenztrübungsmessung funktionieren ähnlich wie
· Messungen der Hefevitalität nur,
wenn man die Systeme sehr häufig kalibriert und alle Einflussfaktoren, die die Trübung oder Hefevitalität beeinflussen, genauestens berücksichtigt. Der Aufwand, um voraussehbare Ergebnisse mit diesen Systemen zu erzielen, ist in der Praxis deutlich größer, als eine individuelle Zellzahlbestimmung von jedem Hefetank in Verbindung mit einer volumenproportionalen Dosierung.

Kontinuierliche Hefeherführung

Abb. 1:Hefevermehrungstechnologie, bei der zu jedem beliebigen Zeitpunkt immer die selben, konstanten Bedingungen vorherrschen
(x = Zeit; y = Volumen im Tank)

Abbildung 1 zeigt eine Hefevermehrungstechnologie, die nicht an eine spezielle apparative Einrichtung gebunden ist. Hier wird
· kontinuierlich belüftet und
· kontinuierlich volumenproportional Sterilwürze hinzugegeben und
· für das Anstellen die benötigte Menge entnommen.
· Die Zellzahlen, und der Nährstoffgehalt sind immer konstant.

Um das System an verschiedene wöchentliche Sudzahlen anzupassen kann die Dosierung der Würze leicht verändert werden bzw. um längere Sudpausen zu überbrücken kann die am Ende der Sudwoche verbliebene Hefemenge reduziert werden. Wenn man die zu dosierende Sterilwürze und die zu entnehmende Hefemenge im Bereich von 95 bis 105 Prozent variiert, was im Verhältnis zu anderen Systemen im Bereich des Messfehlers liegt, kann man über sehr lange Zeiträume hinweg mit quasi-konstanten Verhältnissen arbeiten.

Fazit

Dem Verfasser ist kein Betrieb bekannt, der diese Technologie anwendet. Wenn man mit dieser Verfahrensweise jeden Sud anstellen wollte, wäre der hierfür notwendige Hefevermehrungstank sehr groß. Das Prinzip funktioniert natürlich auch, wenn man auf diese Weise z.B. nur einen Sud am Tag oder einen Sud pro Woche anstellt. Selbstverständlich könnte man das System auch mit mehreren, dementsprechend kleineren Tanks realisieren.

Mit sorgfältiger Planung und Prüfung ist es möglich Systeme zu bauen oder zu modifizieren, die für die heute denkbaren Technologien optimal einsetzbar sind, ähnlich wie die Arme der Skispringer.


Hochwertige Kreiskolbenpumpe, trockenselbstansaugend, üblich für Hefeernte und Hefegabe, hier: Fristam Baureihe FL

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© 2004 by Raimund Kalinowski