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Wie sicher sind nichtwiederbefüllbare PET-Flaschen?
Da erwägt jemand sich für mehrere Hundert Euro vom weltgrößten Mobiltelefonhersteller ein sogenanntes Smartphone zu kaufen und möchte Informationen zur Speichererweiterung. Bei der Suche nach der Spezifikation der Speicherkarte findet er nichts im Verkaufsprospekt und in der „Bedienungsanleitung“ steht: „Ihr Gerät eignet sich für Speicherkarten mit einem Speicherplatz von maximal 64 GB. Je nach Hersteller und Typ der Speicherkarte sind manche Speicherkarten mit Ihrem Gerät nicht kompatibel. Manche Speicherkarten sind mit Ihrem Gerät nicht vollständig kompatibel. Die Verwendung einer inkompatiblen Speicherkarte kann das Gerät, die Speicherkarte und die auf der Karte gespeicherten Daten beschädigen.˝ Laut „Technischem-Support“ gibt es weder eine Spezifikation geeigneter Karten oder eine Liste funktionierender Speicherkarten noch die Gewähr, dass die unter dem Namen des Telefonherstellers verkauften Speicherkarten mit dem Telefon kompatibel sind. Von einer Bedienungsanleitung erwartet man mehr. Wer hingegen einen Flaschenöffner erwirbt, rechnet nicht wirklich mit einer nutzbringenden Bedienungsanleitung. Der Marktführer von Korkenziehern schreibt jedoch in seiner Anleitung: „Wichtiger Tipp: Falls sich einmal eine Flasche nicht leicht öffnen lässt, denken Sie daran: Egal, wie stabil die Flasche zu sein scheint, es handelt sich doch lediglich um GLAS. Und Glas kann zerbrechen! Nutzen Sie ein einfaches Küchenhandtuch, wickeln es um Flasche und Korkenzieher (sodass Ihre Hände geschützt sind), und versuchen es erst DANN noch einmal!“ Das Glas zerbrechen kann ist bekannt, aber wie sieht es mit dem Gefahrenpotenzial von Kunststoffflaschen aus?
Gefahr durch berstende Flaschen
Die Gefahr, die von Glasflaschen ausgeht, sollte allgemein bekannt sein, aber sie wird generell unterschätzt. Schätzungen zufolge werden in Deutschland jährlich über 10.000 Personen durch berstende mit CO2-haltigen Getränken befüllte Glasflaschen verletzt. Dazu kommen noch Verletzungen, die z.B. beim Zusammenkehren der Scherben geschehen. Glücklicherweise handelt es sich in den meisten Fällen nur um sehr kleine Wunden, die in keiner Statistik auftauchen.
Zur Einführung der wiederbefüllbaren PET-Flasche im Sommer 1990 kreierte die Werbeagentur McCann-Erickson für Coca-Cola den Begriff der unkaputtbaren Flasche. Insbesondere Korrosionsrisse im Bereich der Standfläche ruinierten jedoch die eine oder andere Oberbekleidung, sodass das Wort „unkaputtbar“ zwar den Weg in den Duden fand, aber nur eingeschränkt auf die wiederbefüllbare PET-Flasche zutrifft.
Durch die Zwangsbefandung sind für den Konsumenten die meisten Flaschen mit karbonisierten Getränken zu Mehrwegverpackungen geworden. Aber auch Umweltaktivisten bezeichnen bepfandete nichtwiederbefüllbare Verpackungen (noch) als Einweg, obwohl der Konsument einen zweiten Weg benötigt, um sein Pfand zurückzubekommen.
Die nichtwiederbefüllbaren PET-Flaschen unterscheiden sich jedoch konstruktiv deutlich von den wiederbefüllbaren PET-Flaschen. Die Wandstärke ist deutlich dünner und die Konstruktion und Ausführung der Flasche wird dem Getränk und der eingesetzten Technik in der Herstellung und Abfüllung angepasst. Dies bedeutet, dass die Reserven geringer sind, als bei neuen wiederbefüllbaren Flaschen.
Nachfolgend sollen ausschließlich nichtwiederbefüllbare PET-Flaschen betrachtet werden. Weder der Stichprobenumfang noch die gesamte Planung und Durchführung der Untersuchungen genügen wissenschaftlichen Ansprüchen. Es wurden Flaschen einer Eigenmarke eines großen Discounters gewählt, da die blauen Flaschen sich sehr gut fotografisch abbilden lassen. Die Auswahl dieser Flaschen erfolgte wahllos, die Ergebnisse bilden nur den beschriebenen Ausschnitt ab und lassen sich ungeprüft nicht auf andere nichtwiederbefüllbare PET-Flaschen übertragen.
Abb. 1 Fabrikneue „unkaputtbare“ wiederbefüllbare Flasche, nach ungewollter „Kaltverformung“ in einem Auspacker
Einfache Ursachenermittlung?
Die Schadensursache einer zerbrochenen Glasflasche lässt sich mit Hilfe der Scherben sehr gut feststellen. Ob ein Luftballon geplatzt ist, weil er bis zum Zerbersten aufgeblasen wurde, ob er durch den Einsatz einer Nadel zum Platzen gebracht wurde oder ob sich jemand auf ihn gesetzt hat, um ihn zum Zerplatzen zu bringen, ist schwieriger festzustellen. Auch bei geborstenen PET-Flaschen ist die Schadensursache auf den ersten Blick vielleicht nicht so einfach zu ermitteln. Da es Verbraucher gibt, die Schadensersatzansprüche anmelden, weil PET-Flaschen in ihrer Hand spontan und ohne ihr Verschulden explodiert wären, müssen Gerichte und Sachverständige sich mit der Frage beschäftigen, ob ein geschilderter Vorgang sich so, wie vom Geschädigten geschildert, zugetragen haben kann.
Wenn etwas z.B. mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,999 % nicht eintreten kann, bedeutet es, dass es in einem von 100.000 Fällen doch möglich wäre. Bei der Anzahl der abgefüllten Flaschen wäre das relative Risiko scheinbar klein, das absolute aber hingegen sehr groß, sodass solche Argumentationen nicht zielführend sind.
Grundsätzlich kann festgestellt werden: Falls eine mit karbonisiertem Getränk befüllte PET-Flasche in der Hand einer Person bersten würde, könnten Verletzungen auftreten. Wenn die Flasche durch inneren Überdruck der Länge nach aufreißt, ist zwar die beschleunigte Masse relativ gering, aber die Bruch-Kante kann sehr schnell nach außen umschlagen und z.B. Nerven in der Hand schädigen. Am ehesten vergleichbar wäre dies mit einem Rutenschlag oder Peitschenhieb. Beim Aufplatzen der Flaschenwand und dem damit verbundenem spontanen Entbinden des CO2 ist es möglich, dass das Gewinde abreißt und mit dem Verschluss stark beschleunigt wird. Natürlich könnte er hierbei auch das Auge eines Menschen treffen.
Falls nun ein Kunde angibt, ihm wäre eine Flasche in der Hand explodiert und er die geborstene Flasche als Beweismittel vorlegt, lässt sich an dieser PET-Flasche einiges über die Ursachen der Zerstörung ablesen.
Das Schadensbild wird sich vermutlich von dem, das man von der routinemäßig durchgeführten Innendruckprüfung her kennt unterscheiden, auch weil die Innendruckprüfung in der Regel
nicht mit karbonisiertem Produkt
ohne Originalverschluss und
ohne Etikett
durchgeführt wird.
Abb. 2 Flaschenboden, auf dem Kopf stehende Flasche, 75°C, 30 Minuten
Abb. 3 Dehnung durch Gärung, Etikett und Etikettenklebung haben Einfluss auf Verformung
Abb. 4 Bleibende Spuren durch Dehnung
Abb. 5 Provoziertes Bersten durch "verstärktes" Etikett; abgerissenes Gewinde
Abb. 6 Vom Auto „überfahrene“ PET-Flasche
Mögliche Ursachen
Grundsätzlich gibt es verschiedene Ursachen, für das Bersten einer Flasche:
Der (unbeabsichtigte) Schlag von außen spielt bei PET-Flaschen (im Gegensatz zu Glasflaschen) in der Regel keine Rolle, da die PET-Flasche elastisch ist. Auch einen mehrmaligen Fall aus 5 m Höhe auf eine Steinplatte überstehen die getesteten Original-befüllten PET-Flaschen ohne zu bersten. Je nachdem wie die Flasche auf den Stein-Boden auf trifft, kann es zur Deformation und Beeinträchtigung des Materials im Bereich der Aufprallfläche kommen, was jedoch die Druckbeständigkeit kaum beeinflusst.
Ein durch einen zu hohen CO2-Gehalt im Getränk erzeugter hoher Innendruck, bedingt durch eine fehlerhafte Getränkeherstellung.
Durch eine chemische Reaktion, z.B. (bewusste) Zugabe von Calciumcarbid [„Karbidfischen“]. Die Zugabe von z.B. 2 (Kopfschmerz-)Brausetabletten reicht bei den Testflaschen nicht aus, um diese zum Bersten zu bringen.
Durch einen Druckanstieg bei erhöhten Temperaturen. Dies könnte z.B. im Sommer im Innenraum eines in der prallen Sonne stehenden Autos auftreten.
Durch Gasbildung aufgrund von mikrobiologischem Wachstum. Auch bei sorgfältiger Arbeitsweise ist es nicht auszuschließen, dass eine Einzelflasche durch eine Kontamination mit einem Mikroorganismus, der im Getränk wachstumsfähig ist, verdirbt. Als gasbildender Mikroorganismus ist hier die Kontamination mit einer gärenden Hefe am wahrscheinlichsten.
Durch einen flächigen Druck von Außen, wie er z.B. beim Überrollen mit einem Auto(reifen) oder dem Zusammenpressen mit einem Schraubstock auftritt. Da durch eine Verformung der Raum für das Getränk verkleinert wird, tritt hier ebenfalls ein zu hoher Innendruck auf und es ergibt sich ein Schadensbild einer durch zu hohen Innendruck geborstenen Flasche.
Eine fehlerhaft gefertigte Flasche.
Ein (viel) zu hoher CO2-Gehalt kann als Ursache praktisch ausgeschlossen werden, da dieser die Abfüllleistung stark beeinflussen und eine Vielzahl von Flaschen betreffen würde. Eine bewusst herbeigeführte chemische Reaktion oder andere kriminell motivierte Manipulationen (z.B. Schraubstock, Überrollen mit KFZ) sollen hier nicht weiter betrachtet werden, da ein so erzeugtes Schadensbild in der Regel sehr auffällig ist.
Bei einem ansteigendem Innendruck wird vor dem Bersten der Flasche der Überdruck normalerweise über den Verschluss abblasen. Die Flasche und der Verschluss sind jedoch Massenartikel und keine baumustergeprüften Sicherheitseinrichtungen, sodass der Innendruck möglicherweise nicht durch ein geplantes Abblasen auf den vorgesehenen Maximal-Druck begrenzt wird.
Wenn mit CO2-haltigem Getränk befüllte PET-Flaschen erwärmt werden, dehnen sie sich zunächst durch den ansteigenden Innendruck aus, um bei weiter ansteigender Temperatur (und einem Abblasen über den Verschluss) dann zu schrumpfen. Da der Bereich Halsunterstützungsring/Gewinde beim Blasen der Flaschen aus Preforms gleich bleibt, wird dieser Bereich auch bei der Formveränderung durch Temperatureinfluss nicht verändert. D.h. der Übergang im Schulterbereich zeigt entsprechende Auffälligkeiten. Wenn eine mit CO2-haltigem Getränk befüllte PET-Flasche eine bleibende Formveränderung durch hohe Temperaturen erfährt, hat es einen Einfluss, ob die Flasche einzeln aufrecht stand, mit einer Schrumpffolie zu einer Mehrstückverpackung zusammengefasst wurde, ob die Flasche liegt oder auf dem Kopf steht.
Wenn eine Flasche durch langsam ansteigenden Innendruck ‑ z.B. durch Gärung ‑ sich verformt, ist der Einfluss des Etiketts auf die Verformung erheblich. In den meisten Fällen versagt die Klebung des Etiketts und die Flasche dehnt sich genauso aus, wie eine nicht etikettierte Flasche. Falls die Klebung jedoch dem steigenden Innendruck Stand hält, reicht die Zugfestigkeit des betrachteten Etiketts aus, um den etikettierten Flaschenbereich weitgehend zusammenzuhalten und eine entsprechend stärkere Dehnung des Schulterbereichs zu erzeugen. Wenn man das Etikett (versuchsweise) durch einen umlaufenden Klebestreifen verstärkt, steigt die Wahrscheinlichkeit sehr stark an, dass die Flasche durch die Gärung platzt.
Fazit:
Die Wahrscheinlichkeit wegen einer geborstenen nichtwiederbefüllbaren PET-Flasche verklagt zu werden ist sehr klein, aber nicht ausgeschlossen, wie die Realität zeigt. In der Regel wird vom Gericht ein Sachverständiger beauftragt, die Behauptungen des Klägers zu prüfen. Ähnlich wie bei geborstenen Glasflaschen lässt sich die Ursache für das Bersten einer PET-Flasche relativ sicher ermitteln. Verletzungen sind insbesondere durch ein Abreißen des Gewindes oder ein heftiges Umschlagen der Bruchkanten möglich. Ein spontanes (unangekündigtes) Platzen einer PET-Flasche in der Hand eines Konsumenten ist äußerst unwahrscheinlich, da die Flasche bei erhöhtem Innendruck entweder über den Verschluss abbläst oder sich vor dem Bersten erheblich verformt. Wenn jemand eine erheblich verformte Flasche anfasst, z.B. um sie auszuleeren, kann es durch den von außen durch die Hand erzeugten Druck oder/und die Bewegung zum Bersten der Flasche kommen. Falls hierbei jemand verletzt wird, könnte es zu einer Reklamation mit einer "vereinfachten" Beschreibung des Unfallhergangs kommen. Aber auch wenn gerichtlich z.B. festgestellt würde, dass der Geschädigte versuchte eine nicht mehr Original-verschlossene stark aufgeblähte Flasche zu öffnen, könnte das Gericht die Auffassung vertreten, dass der Betroffene die Flasche für unkaputtbar hielt und wegen mangelnder Aufklärung durch den Abfüller (z.B. keine Warnhinweise auf dem Etikett), der Abfüller die Verantwortung für die Folgen des Berstens der Flasche zu tragen hat.
Nichtwiederbefüllbare PET-Flaschen gehören zu den sichersten Verpackungen für CO2-haltige Getränke. Trotzdem sollten die Herstellung und Abfüllung der Flaschen mit derselben Sorgfalt begleitet und dokumentiert werden, wie das bei Glasflaschen geboten ist. Die Besonderheiten der PET-Flasche sollten hierbei jedoch berücksichtigt werden. Der maximal zulässige CO2-Gehalt sollte ebenso definiert sein, wie das Etikett und die Etikettenklebung.
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