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Gebrauchtmaschinen - Sollte man den Wert kennen, bevor man über den Preis verhandelt?
Warum erwägt jemand Gebrauchtmaschinen zu kaufen? Um Geld zu sparen? Offensichtlich sind die Anschaffungskosten von Gebrauchtmaschinen in der Regel niedriger als von neuen Maschinen. Aber ob man tatsächlich etwas spart, wenn man sich zum Kauf von Gebrauchtmaschinen entscheidet, kommt darauf an, welche Maschine man für welchen Einsatzzweck zu welchem Preis erwirbt. Da generelle Aussagen schwierig sind, sollen nachfolgend einige Aspekte näher beleuchtet werden. Wobei nicht nur Käufer sondern auch Verkäufer in der Lage sein sollten, den Wert einer Gebrauchtmaschine zu ermitteln, um ihn in Relation zum Preis zu sehen.
Ausnahmen von der Regel
Gelegentlich kommt es vor, dass eine defekte Maschine ersetzt werden muss und das aktuelle (Nachfolge-)Modell nicht mit vertretbarem Aufwand in die vorhandene Anlage integriert werden kann. So kann ein PC mit einem 80286 Intel-Prozessor aus dem Jahre 1989 für den Käufer mehr wert sein, als ein aktuelles Modell, wenn er z.B. dringend benötigt wird, um eine CIP-Anlage weiterhin betreiben zu können, da die vorhandene Software auf modernen Rechnern nicht lauffähig ist.
In der Regel konkurrieren jedoch gebrauchte Maschinen mit fabrikneuen. Für die Entscheidung für oder gegen eine gebrauchte, ist es hilfreich Preise und Werte zu vergleichen, falls es das Ziel ist, Geld zu sparen.
Grundsätze der Wertermittlung
Der Angebotspreis ist das, was man für eine Gebrauchtmaschine bezahlen soll; der tatsächliche Kaufpreis weicht häufig vom Angebotspreis ab.
Der Verkehrswert hingegen ist das, was die Gebrauchtmaschine eigentlich kosten sollte. Es gibt aber nicht einen einzigen Verkehrswert für eine bestimmte Maschine, sondern es kommt auf einige äußere Umstände und den Grund der Bewertung an. Wenn der Verkehrswert für eine Maschine bei Fortführung des Betriebes ermittelt wird, ist dieser Verkehrswert in der Regel höher, als wenn die Maschine demontiert und dann verkauft werden soll, da im zweiten Falle zusätzliche Kosten anfallen und die Installation und Inbetriebnahme am alten Standort für den Käufer wertlos sind. Wenn unter Zeitdruck, wie z.B. bei einer Versteigerung eine Maschine veräußert werden soll, wird der Verkehrswert in der Regel niedriger sein, als wenn ausreichend Zeit zur Verfügung steht.
Um den Verkehrswert einer Maschine zu berechnen, ermittelt man zunächst den Preis einer vergleichbaren neuen Maschine. Sinnvoll ist es, bei der neuen Maschine als Preisstellung - unverpackt ab Werk - zu wählen. Als Neupreis zählt natürlich nicht der Angebots- oder Listenpreis, sondern der Preis, den man tatsächlich bezahlen würde, kaufte man heute diese neue Maschine. Sollte nur ein Preis mit einer anderen Preisstellung vorliegen, so sind evtl. enthaltene Verpackungs-, Transport-, Montage- oder Inbetriebnahmekosten herauszurechnen. Dieser Neupreis ist nun auf das Alter der zu bewertenden Gebraucht-Maschine abzuwerten. Üblicherweise wird hierfür die arithmetisch degressive Abwertung durchgeführt, die dem Verlauf der Wertentwicklung in der Praxis relativ nahe kommt (weitere Informationen und eine Excel-Arbeitsmappe zum kostenfreien download: http://www.sachverstand-gutachten.de/wissenswertes/abwertung.html). Diese Abwertung hat nichts mit der AfA (Abschreibung) durch die Buchhaltung zu tun, die nur steuerliche Gesichtspunkte, aber nicht die tatsächliche Wertentwicklung im Blick hat, sondern es ist möglichst realistisch abzuschätzen, wie lange eine Maschine bestimmungsgemäß genutzt werden kann und wie hoch dann der Restwert wäre, wenn man diesen Zeitpunkt jetzt erreicht hätte. Der Restwert ist hierbei in aller Regel weder null noch ein Euro.
Zur Veranschaulichung soll dies an einem Beispiel erläutert werden: Im Jahre 1999 wurde ein PreMixer für 135.000 DM gekauft. Ein vergleichbarer PreMixer wird heute für 84.500 Euro angeboten, je nach Verhandlungsgeschick wird man ihn heute für angenommen 77.000 Euro kaufen können. Ein solcher Premixer ist zwar eigentlich „unkaputtbar“ aber nach 25 Jahren wird er vermutlich gegen einen moderneren, sparsameren, zuverlässigeren ersetzt werden. In einem Betrieb, der nur wenig abfüllt oder wo er z.B. einer Behälter-/Fassabfüllung mit geringer Auslastung zugeordnet wird, kann er jedoch noch gute Dienste leisten. Einen vergleichbaren 25 Jahre alten PreMixer könnte man heute für 8.000 Euro verkaufen. Somit sind 77.000 – 8.000 = 69.000 arithmetisch degressiv über 25 Jahre abzuwerten. Demnach hätte er nach 12 Jahren noch einen Zeitwert von 27.320 Euro (zum Vergleich (mit den zuvor angenommenen Zahlen): bei geometrisch degressiver Abwertung über 25 Jahre hätte er nach 12 Jahren noch einen Wert von 25.969 und bei linearer Abwertung wäre er noch 43.880 Euro wert und in der Buchhaltung steht er vermutlich noch mit 1 Euro Erinnerungswert).
Zeitwert ./. Verkehrswert
Nun spielen der Zustand und sonstige wertbestimmende Merkmale natürlich eine Rolle. Bei Werkzeugmaschinen ist es üblich hierür mit Faktoren zu arbeiten. Obwohl es nicht immer zweckmäßig ist, wird dies häufig auch bei anderen Maschinen angewandt. Die „Arbeitsqualität“ eines Premixers z.B. nimmt im Gegensatz zu der einer Werkzeugmaschine, mit der Zeit aber üblicherweise nicht ab.
Der abgewertete Neuwert unter Berücksichtigung des Erhaltungszustandes wird als Zeitwert bezeichnet. Im englischen ist die Bezeichnung fair value hierfür auch gebräuchlich.
Der Verkehrswert berücksichtigt zusätzlich noch den Markt d.h. Angebot und Nachfrage und die Marktgängigkeit von Ausstattungsdetails. Die Möglichkeit z.B. zusätzlich zum CO2 auch Stickstoff oder Sauerstoff im Getränk lösen zu können, ist für die Masse der Käufer uninteressant, kann aber den Wert für einzelne Käufer auch überproportional erhöhen. Auch eine Kurzzeiterhitzung des Fertiggetränks ist für Hersteller von hochkarbonisierten Getränken ohne Wert, sie wird aber trotzdem werterhöhend berücksichtigt, da es Käufer gibt, für die die Kurzzeiterhitzung wichtig ist. Je exotischer bestimmte Ausstattungsdetails sind, desto geringer ist ihr Wert aus Verkäufersicht zu berücksichtigen. Bestimmte Merkmale, wie z.B. eine nicht gängige SPS oder unübliche und nicht normgerechte Komponenten wie Ventile, Pumpen oder Rohrverbindungen, können den Wert auch deutlich mindern. Es wird berücksichtigt, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Detail für den Käufer welchen Wert darstellt. Wenn der „normale“ Käufer eine Siemens S5 erwartet, die Maschine aber mit einer GE Fanuc- oder Mitsubishi-Steuerung ausgestattet ist, ist der Wert aus Sicht des Käufers vermutlich geringer, gleichgültig ob die eingebaute SPS eigentlich hochwertiger ist, als die SPS mit der sich der Kunde auskennt und die er gerne kaufen möchte. Der Verkehrswert wird aus Sicht des Verkäufers mit Blick auf einen fiktiven Käufer ermittelt. Der Käufer hingegen sollte den Wert aus seiner Sicht ermitteln und mit der Sichtweise des Verkäufers vergleichen.
Jeder bekommt die größere Hälfte?
Nun kommt es in der Praxis vor, das ein Käufer unübliche Details höher bewertet, als der Verkäufer dies erwartet, sodass der Kaufpreis aus Sicht des Verkäufers höher ist als der zuvor ermittelte Wert und aus Sicht des Käufers niedriger als der vom Käufer ermittelte Wert. Dies ist jedoch ein Idealzustand der selten erreicht wird. Häufiger kommt es vor, dass der Verkäufer auf niemanden trifft, der genau diese Maschine in dieser Ausstattung sucht. Der Käufer muss nun entscheiden, ob er auf bestimmte Anforderungen verzichtet oder eine Maschine kauft, die zusätzliche Merkmale aufweist, die er nicht benötigt und ggf. auch nicht benutzen wird. An dieser Stelle der Entscheidungsfindung werden vom Käufer am häufigsten schwerwiegende Fehler begangen.
Obwohl vorher sauber geplant wurde, stellt der Käufer vielleicht irgendwann fest, dass es die von ihm gesuchte Wunschmaschine so nicht gibt. Er kauft dann das, was dem Wunsch innerhalb des gesteckten Preisrahmens scheinbar am nächsten kommt. Eine zu große Maschine kann größere Mischphasen und damit verbunden höhere Produktverluste sowie Reinigungs- und Sterilisationskosten bedeuten. Auch Umstellungen auf andere Produkte oder Packungen können aufwendiger sein. Ersatzteile und Wartungen sind häufig teurer. Bezogen auf die Restnutzungsdauer können diese Mehrkosten sich soweit aufsummieren, dass es billiger gewesen wäre, eine passende neue Maschine anzuschaffen.
Natürlich treffen einige dieser Punkte nur auf Maschinen zu, durch die Produkt fließt, wie Kurzzeiterhitzungen, PreMixer oder Füller.
Nebenkosten unterschätzt?
Bei dem Vergleich Kaufpreis zu Neupreis hat man möglicherweise eine große prozentuale Differenz festgestellt und sich zum Kauf einer Gebrauchtmaschine entschieden. De-Montage, Verpackung, Transport, Installation, Modifikationen und Inbetriebnahme müssen bei Gebrauchtmaschinen häufig selbst organisiert werden.
Abb.: Die Bewertung von demontierten Maschinen und Anlagen ist häufig schwierig
Wenn man diese Aufgaben einer einzelnen Firma überlässt, sollte man den Vertrag aufmerksam lesen und nicht eindeutige Formulierungen, insbesondere im Bereich der Ausschlüsse, so klar und eindeutig wie möglich beschreiben. Der Käufer erwartet häufig ein Rundum-Sorglospaket, wenn aber jemand nur eine Dienstleistung erbringt, wird er in der Regel Fehler an der Gebrauchtmaschine weder vertreten noch zum vorher vereinbarten Pauschalpreis beheben können.
Der Verkäufer wird eine Gewährleistung möglicherweise ausschließen oder stark einschränken. Sofern nicht vom Herstellerwerk oder von anerkannt seriösen Gebrauchtmaschinenhändlern die Maschine(n) generalüberholt und mit Gewährleistung oder besser noch mit Garantie verkauft werden, bleibt beim Käufer ein gewisses Risiko, das nicht unterschätzt werden sollte.
Abb.: Die Besichtigung des Betriebs, der eine Maschine verkauft, kann Indizien dafür liefern, wie Wartung und Instandsetzung durchgeführt wurden
Unvorhergesehene Reparaturen, deren Notwendigkeit sich möglicherweise erst bei der Installation oder Inbetriebnahme zeigt, können natürlich nicht vorher geplant werden. Je nach Alter oder Gesamtzustand der Maschine sollte hierfür aber ein bestimmter Prozentsatz, bezogen auf den Neuwert der Maschine, eingeplant werden. Alle sinnvollen oder notwendigen Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten, Veränderungen (auch zum Personenschutz) und Erweiterungen sollten vorher möglichst genau geplant werden. Softwareanpassungen werden dabei sehr häufig unterschätzt, denn selbst der Name eines sehr renommierten Herstellers ist kein Garant dafür, dass das Programm sauber strukturiert und dokumentiert ist. Insbesondere wenn bei der Erstinbetriebnahme Änderungen nicht sauber dokumentiert wurden, können kleinste Anpassungen zu einem Albtraum werden. Wenn man diese Arbeiten zum Festpreis beim Hersteller der Maschine anfragt, bekommt man ein Indiz dafür, was auf einen finanziell zukommen könnte.
Die Nebenkosten müssen anders als bei einer Neumaschine auf die verbleibende Restnutzungsdauer umgelegt werden. Es ist keine Seltenheit, dass die Nebenkosten 25% des Neuwertes überschreiten, sodass es regelmäßig vorkommt, dass der Kaufpreis geringer ist als die Kosten, die nach dem Kauf anfallen bis die Maschine im neuen Betrieb produktiv läuft.
Bei der Besichtigung von demontierten Anlagen ist es hilfreich auf schlecht beheizte und kaum beleuchtete Hallen vorbereitet zu sein
Fazit:
Durch den Kauf von Gebrauchtmaschinen kann Liquidität gewonnen werden.
Bei einer Vollkostenrechnung auf die Restnutzungsdauer bezogen, ist eine Gebrauchtmaschine häufig nicht günstiger als eine neue. Für Maschinen die im Mehrschichtbetrieb für viele Jahre betrieben werden sollen, kann das Leasing einer Neumaschine eine Alternative zum Kauf einer Gebrauchtmaschine sein. Gebrauchtmaschinen müssen zum Käufer passen, je mehr Veränderungen und Kompromisse zur Integration notwendig sind desto wahrscheinlicher ist es, dass diese Gebrauchtmaschine für den Käufer zu teuer wird und zwar unabhängig vom Kaufpreis.
Grundsätzlich gibt es natürlich auch Maschinen(gruppen) die mit geringen Risiken behaftet sind und eine sehr wirtschaftliche Alternative zur Anschaffung einer Neumaschine darstellen können.
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