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Scheibenventil
neu erfunden?
In der zur
Brau 2006 herausgegebenen Pressemitteilung fragte Nocado, der
Armaturenhersteller aus dem ostfriesischem Großefehn selbstbewusst:
„Scheibenventil neu erfunden?“.
Scheibenventile
wurden vor etwa 40 Jahren in der Brauerei und der Getränkeindustrie
eingeführt und lösten damals die nur manuell zu reinigenden
Wechsel aus Messing innerhalb weniger Jahre fast vollständig
ab. Das Scheibenventil revolutionierte die Ventiltechnik stärker
als die wenige Jahre später eingeführten Sitzventile
für Matrixverrohrungen. Scheibenventile haben sich seit ihrer
Einführung als zuverlässige, hygienische Ventile bewährt.
Sie werden als Absperrventil überall eingesetzt, wo ein preiswertes,
robustes Ventil benötigt wird. Die Grenzen und Fehlermöglichkeiten
des Scheibenventils sind dem Anwender kaum bekannt.
Auch wenn
Scheibenventile zum Verwechseln ähnlich aussehen, gibt es
deutliche Qualitätsunterschiede. Scheibenventile der namhaften
Hersteller werden üblicherweise aus geschmiedetem Vormaterial
hergestellt. Mit modernen Bearbeitungszentren werden hier sehr
geringe Toleranzen erreicht. Die eingesetzten Dichtungen entsprechen
den nationalen und internationalen Vorschriften und basieren auf
jahrzehntelanger Erfahrung. Insbesondere einige Importe aus Asien
oder ehemaligen Ostblockstaaten können die Kundenerwartungen
nicht erfüllen. Vom ungünstigen Materialgefüge
über Lunker in Bauteilen aus Feinguss bis hin zu ungewöhnlichen
Dichtungsqualitäten reichen die Fehler dieser Nachbauten.
Wo eine Vermischung
sicher ausgeschlossen werden muss, werden Scheibenventile als
„block and bleed“ oder als Leckagescheibenventile
eingesetzt. Selbst für Matrixverrohrungen kamen schon Leckagescheibenventile
zum Einsatz obwohl sie gegenüber guten Doppelsitzventilen
hier einige Nachteile aufweisen und eigentlich nur die geringeren
Investitionskosten dafür sprechen, einen Ventilblock mit
Leckagescheibenventilen aufzubauen.
Im wesentlichen
wurde die Konstruktion der Scheibenventile in den vergangenen
40 Jahren nicht verändert. Vor einigen Jahren wurden von
einigen Herstellern Lagerbuchsen, die fälschlicherweise auch
als Laufbuchsen bezeichnet werden, eingeführt, um den Verschleiß
der Achsen und die Betätigungskräfte zu reduzieren.
Die Gruppe der Anwender ist hier gespalten, einige schwören
auf Lagerbuchsen und politisieren das Thema ähnlich wie den
Dieselpartikelfilter und favorisieren damit eine technische Lösung
für ein real meist nicht existierendes Problem. Bei Scheibenventilen
großer Nennweiten ist die technische Lösung, eine Lagerbuchse
einzusetzen eine bewährte Methode die Reibungskräfte
zu verringern und dadurch die zur Betätigung des Scheibenventils
nötigen Kräfte zu reduzieren. Möglicherweise gibt
es aber andere technische Lösungen, die das gleiche Ziel
wirkungsvoller oder günstiger erreichen. Bei Scheibenventilen
mit sehr hoher Schalthäufigkeit kann der Verschleiß
der Achsen die Funktion des Ventils nach entsprechend langer Betriebszeit
einschränken. Bei Scheibenventilen mit Nennweiten bis etwa
DN 80 oder DN 100 wird, eine sorgfältige Fertigung mit entsprechend
geringen Toleranzen vorausgesetzt, durch den Einsatz von Lagerbuchsen
jedoch keine praktisch verwertbare Verbesserung erreicht. Anwender,
die erkannt haben, dass ihnen die Lagerbuchsen keinen Vorteil
bieten, bemängelten meist den zusätzlichen Aufwand für
das Wechseln der Lagerbuchsen und insbesondere auch die Problematik,
dass die Lagerbuchsen beim Wechseln leicht herunter fallen und
verloren gehen können.
Nocado
hat dem Wunsch zahlreicher Kunden offensichtlich nachgegeben und
auch Lagerbuchsen eingeführt. Diese Lagerbuchsen rasten jedoch
auf den Scheibenventilachsen ein, so dass sie im Regelfalle nicht
herunter fallen.
Die weiteren
Änderungen am Scheibenventil hingegen sind keine Philosophiefrage
sondern als bahnbrechend zu bezeichnen obwohl sie erst beim näheren
Hinsehen auffallen.
Üblicherweise
wird die Scheibenventildichtung flachdichtend in die Scheibenventilflansche
eingeklemmt. Die Wärmeausdehnung der Scheibenventildichtung
und die des Edelstahls ist unterschiedlich groß. Bei bestimmten
Produkten und insbesondere bei einigen CIP-Flüssigkeiten
kann die Dichtung durch Quellen ihr Volumen vergrößern.
Diese Vorgänge sind jedoch weitgehend reversibel. Wenn allerdings
das Scheibenventil in einem solchen Zustand geschaltet wird, können
die Kräfte, die auf die Dichtung einwirken, erheblich höher
sein als im Normalbetrieb. Die Wechselbelastungen durch Temperatur
und Reinigungsmedien erhöhen die Alterung und den Verschleiß
der Dichtung. Einige Betriebe dokumentieren die Belastung der
Dichtung und führen eine gelenkte vorbeugende Instandhaltung
durch. Wenn die Dichtung jedoch nicht rechtzeitig gewechselt wird,
kann es vorkommen, dass durch die Wechselbelastung bleibende Spalte
zwischen der Dichtung und den Gehäusehälften - mit
den damit verbundenen hygienischen Risiken - verbleiben.
Scheibenventile
sind gewöhnlich nur für Fließgeschwindigkeiten
bis 2,5 m/s und für Drücke bis 10 bar zugelassen. Bei
höheren Fließgeschwindigkeit besteht die Gefahr, dass
durch den entstehenden Unterdruck beim Schließen, die Dichtung
nach innen aus ihrem Einbauraum heraus gezogen wird.
Beim
neuen Nocado-Scheibenventil wurde die Dichtung und der Dichtungseinbauraum
mit Hilfe von Simulationsprogrammen analysiert und neu gestaltet.
Die Dichtung wird im wesentlichen nur noch von Nasen, die sich
direkt am Produktraum befinden, gehalten. Hierdurch wird eine
definiert kontrollierte Verformung der Dichtung erreicht. Der
größte Bereich der Dichtung kann sich in seinem Einbauraum
ausdehnen. Für die Ausdehnung stehen zusätzlich sogenannte
Entlastungsnuten im Gehäuse zur Verfügung.
Im Bereich
der Achsen wird eine definierte Kraft auf die Dichtung benötigt,
damit das Scheibenventil an der Achse dicht ist. Vereinfacht ausgedrückt,
muss die Bohrung in der Dichtung etwas kleiner sein als der Durchmesser
der Achse. Die von der Achse in die Dichtung eingeleiteten Kräfte
verteilen sich jedoch bei den bis jetzt eingesetzten Dichtungsgeometrien
nicht nach allen Seiten gleichmäßig. Auf der kurzen
Strecke, hin zu den Gehäusehälften, sind die Kräfte
deutlich höher als die in Längsrichtung eingeleiteten
Kräfte. In diesem Bereich hat Nocado nun die Dichtungsgeometrie
verändert, um eine gleichmäßige Kräfteverteilung
zu erreichen.
Die
neuen Dichtungen lassen sich auch in vorhandene Scheibenventile
einbauen und bieten auch dort den Vorteil der reduzierten Kräfteeinleitung
in die Dichtung im Bereich der Achsen. Die anderen Verbesserungen
bezüglich Hygiene und Dichtungsstandzeit sind hingegen Bestandteile
der Scheibenventilgehäuse, wobei neue Ventilscheiben (jedoch
ohne Lagerbuchsen) mit alten oder neuen Dichtungen auch in vorhandene
Scheibenventile montiert werden können.
Die neuen
Scheibenventile bieten durch die genannten Veränderungen
eine erheblich verlängerte Dichtungsstandzeit und durch die
Abdichtung mit den Nasen eine über die gesamte Dichtungsstandzeit
hinweg hygienisch einwandfreie Abdichtung. Zulässige Strömungsgeschwindigkeiten
von 3,5 m/s und teilweise Ausführungen, die für 16 bar
zugelassen sind, sind nicht nur für CIP- oder KZE-Anlagen
interessant sondern können auch in anderen Bereichen durch
die deutlich erhöhten Reserven lohnend sein.
Sicherlich
hat Nocado das Scheibenventil nicht neu erfunden, die Verbesserungen
sind jedoch erheblich und bedeuten einen tatsächlichen Mehrwert
für den Anwender. Auf die Frage nach dem Preis wurde auf
der Brau geantwortet, dass er sich gegenüber dem derzeitigen
Scheibenventil nicht verändern würde. Das neue Scheibenventil
soll ab Februar 2007 verfügbar sein.
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