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Planung
einer cip-fähigen Anlage
Fast jeder
hat schon einmal folgende Situation erlebt: Man überholt
auf der Bundesstraße mit den zulässigen 100 km/h zwei
dicht hintereinander fahrende LKW; auf einmal sieht man Gegenverkehr
und es schießt einem durch den Kopf, wenn man nun nicht
handelt reicht es nicht mehr den Überholvorgang unbeschadet
abzuschließen. Prinzipiell hat man drei Möglichkeiten,
man fährt mit unveränderter Geschwindigkeit weiter und
vertraut darauf, dass entweder der Gegenverkehr oder der LKW,
der gerade überholt wird abbremst oder man bremst, um sich
wieder hinter den LKW einzuordnen oder man beschleunigt auf eine
nicht erlaubte Geschwindigkeit und schließt den Überholvorgang
kontrolliert ab. Die erste Möglichkeit soll in einigen arabischen
Staaten durchaus üblich sein, wo der mit den stärkeren
Nerven solange Vorfahrt hat, bis er an jemanden gerät, der
ebenso starke Nerven hat wie er selbst. Die meisten Mitteleuropäer
würden die erste Möglichkeit vermutlich nicht wirklich
in Erwägung ziehen. In der Fahrschule lernt man, dass der
erste Gedanke meist der richtige ist. Wie kann das sein, meist
hilft doch ein wenig nachdenken, um zu der richtigen Entscheidung
zu gelangen? Im Normalfall lässt sich ein Unfall durch beherztes
Beschleunigen ebenso vermeiden wie durch Abbremsen. Die Gefahr
besteht somit einzig und allein darin, nicht oder zu spät
eine Entscheidung zu treffen und gleichgültig welcher Gedanke
einem zuerst in den Sinn kommt, wenn man ihn unverzüglich
umsetzt, ist er der richtige.
Entscheidungsschwäche
ist in unserer Leistungsgesellschaft ein Makel. Aber nur wenn
das Resultat der Entscheidung keinen Einfluss für den Erfolg
oder das Scheitern einer Sache hat, ist eine Entscheidung ohne
Analyse der Sachlage sinnvoll.
Auf einigen
Managersesseln sitzen inzwischen Vertreter der sogenannten „Gameboy-Generation“.
Beim Computerspiel kann man relativ unbeschadet ein unkontrolliertes
Risiko eingehen, denn wenn es nicht zum Erfolg führt, ist
die Konsequenz nur, dass man das Spiel ein paar Schritte zuvor
oder ganz vom Anfang fortsetzen muss. Zu ernsthaftem Schaden kommt
jedoch keiner der Mitspieler, selbst wenn man mehrfach hintereinander
grobe Fehlentscheidungen fällt. Im wahren Leben sind erfahrungsgemäß
dauerhaft die erfolgreich, die Entscheidungen fällen, wenn
ihnen etwa 80% der notwendigen Informationen vorliegen. Wobei
Spieler, die auf volles Risiko gehen, eine überraschend lange
Zeit erfolgreich sein können, wie die aktuelle Krise der
Finanzmärkte zeigt.
Es gibt Leute,
die sind der Überzeugung, dass jemand der eine Produktions-Anlage
cip-fähig ausführen kann, den gesamten Prozess beherrscht.
Diese Schlussfolgerung ist meist ebenso falsch, wie die Annahme,
dass der, der den (Herstellungs-)Prozess beherrscht, auch wissen
muss wie die Anlagentechnik optimal ausgeführt wird.
Häufig
werden auch große, komplexe Anlagen nicht mehr vom klassischen
Anlagenbauer sondern von Montagefirmen, die sich Anlagenbauer
nennen, geplant und gebaut. Die Planungstiefe ist dabei im allgemeinen
gering und beschränkt sich primär auf die Rohrleitungsplanung,
die die Wünsche des Anlagenbetreibers weitgehend berücksichtigt.
In den meisten Fällen führt diese Vorgehensweise zu
einem Ergebnis, mit dem alle Beteiligten leben können. Große
Teile der Planung werden vor Ort zwischen dem Bauleiter und dem
Anlagenbetreiber „situativ“ oder wie man in der DDR
sagte „operativ“ entschieden. Das sind dann die Lösungen,
bei denen der Monteur Monate später noch ganz genau weiß,
das er jemanden gefragt hat und dieser „jemand“ ihm
genau diese hier ausgeführte Lösung vorgeschrieben hat.
Selbstverständlich weiß er nicht mehr genau wen er
gefragt hat und die „Entscheidung“ wurde auch nicht
dokumentiert, aber irgendwie wird man trotzdem mit dieser Lösung
leben werden.
Warum gehen
viele Brauereien nicht mehr den Weg über einen klassischen
Anlagenbauer? Ist es der „geiz ist geil“-Gedanke,
will man die Kosten des Anlagenbauers einsparen? Selbstverständlich
hat es Vorteile bei einem bedeutenden Anlagenbauer zu kaufen,
insbesondere wenn man vorher die gewünschte Funktion präzise
spezifiziert hat. In den allermeisten Fällen bestellt der
Anlagenbetreiber aber keine Funktion sondern einzelne Bauteile
und Montageleistungen und hofft, dass durch ein fachmännisches
Zusammenfügen der bestellten Bauteile und sonstigen Leistungen
sich die Funktion ergibt, die er erwartet. Je nach Spezifikation
bekommt er auch vom etablierten Anlagenbauer nicht das, was er
eigentlich erwartet hat. Bei den reinen Produktionsvorgängen
hat der Anlagenbetreiber meist eine klare Vorstellung davon wie
die Anlagenteile untereinander verbunden werden sollten. Grundlage
hierfür sind persönliche Erfahrungen. So findet man
gelegentlich die Forderung, das diese oder jene Ausführung
nicht gewünscht sei, da der Anlagenbetreiber hiermit in der
Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hat.
Die Reinigungsfähigkeit
einer Anlage wird meist nicht oder nur mit einem Satz, wie etwa
„die Anlage wird komplett cip-fähig ausgeführt“,
spezifiziert. Es kann nur dringend empfohlen werden, sämtliche
Wünsche, die die Funktion, die technische Ausführung
oder Auswahl der Komponenten betreffen, schriftlich und eindeutig
zu fixieren. Floskeln wie „oder gleichwertig“ sind
zu vermeiden und zulässige Alternativen genau zu spezifizieren.
Auch die Nennung eines Herstellers reicht meistens nicht aus,
da zahlreiche namhafte Hersteller inzwischen unterschiedliche
Baureihen anbieten, um den low cost Markt nicht kampflos einigen
„Discountern“ zu überlassen. Im allgemeinen zahlt
man eben nicht den Premiumpreis nur für den Marken-Namen
sondern bekommt bei vielen Bauteilen für einen anderen Preis
auch tatsächlich eine andere Funktion geliefert.
Gefährlich
wird es, wenn ein Bauleiter Suggestivfragen stellt, die als solche
nicht sofort zu erkennen sind. Eine Frage wie: „Spricht
etwas dagegen, wenn wir den Ventilblock am Hallenraster ausrichten?“
klingt harmlos. Die Folgen einer auch nur im entferntesten als
Zustimmung interpretierbaren Antwort können für die
Reinigungsfähigkeit der Anlage verheerende Folgen haben.
Wenn jemand die Verantwortung für etwas, wie z.B. der Planung
übernommen hat, sollte man sich vor einer Rückdelegation
durch Suggestivfragen hüten und klar zum Ausdruck bringen,
dass man die gerade gestellte Frage nicht beantworten kann, da
man nicht alle Details der Planung kenne!
Es gibt kaum
ein Bauvorhaben mit mehr und schwieriger zu definierenden Schnittstellen
als eine CIP-Anlage oder eine cip-fähige Produktionsanlage.
Grundsätzlich
sind Fragen zur Betriebssicherheit und zum Automatisierungsgrad
eindeutig zu definieren. Vermischungssicherheit hat nichts mit
der Betriebsgröße zu tun. Es gibt z.B. kein Gesetz,
das es toleriert, wenn kleine Betriebe ihre Kunden ein klein wenig
vergiften.
Im Idealfall
wird im Vertrag ausschließlich die Funktion einer Anlage
definiert. Dieser Idealfall ist aber praktisch nie realisierbar.
Der Lieferant besteht im Allgemeinen darauf, dass bestimmte Bauteile
spezifiziert werden.
Doppelsitzventile
stellen noch immer die technisch sauberste Lösung dar einen
vermischungssicheren Betrieb zu gewährleisten. Eine block
and bleed Lösung mit Zwischenflanschscheibenventilen ist
ebenfalls automatisierbar und insbesondere bei kleinen Nennweiten
möglicherweise eine wirtschaftliche Alternative zu Doppelsitzventilen.
Doppeldichtventile sind ebenso wie radial dichtende Doppelsitzventile
ohne Balancer nicht druckstoßsicher und dürfen deshalb
nur an einem Tankauslauf in Auslaufrichtung eingesetzt werden.
Dies klingt profan, wird aber, seit es diese Ventile gibt, sehr
häufig missachtet. Betreibern ist die Einschränkung
der Einbaumöglichkeiten meist nicht bewusst und die meisten
Hersteller verschleiern diesen Umstand.
Eine der größten
Unsicherheiten betrifft die Tankreinigung. Es ist keine Philosophiefrage
ob man Zielstrahlreiniger oder Sprühkugeln einsetzen sollte
sondern meistens eine technisch-wirtschaftliche. Das erste Ziel
ist es, die Reinigungsflüssigkeit auf die Tankwandung zu
bekommen. Je nach Qualität der Sprühkugel fällt
ein mehr oder weniger großer Teil direkt in Richtung Tankauslauf,
ohne die Tankwandung wirklich berührt zu haben. Ein Zielstrahlreiniger
bietet hier Vorteile. Sprühkugeln können bis zu Tankdurchmessern
von etwa 8 m eingesetzt werden, was für die meisten Brauereien
ausreichend ist. Vielen ist nicht bewusst, dass nicht nur Zielstrahlreiniger
sondern auch Sprühkugeln einen bestimmten Druck benötigen.
Wenn der Druck zu hoch ist, vernebelt eine Sprühkugel die
Flüssigkeit. Der vom Hersteller angegebene Sprühkreis
gilt nur, wenn die entsprechenden Drücke eingehalten werden.
In der Praxis wird jedoch nicht der Druck sondern der Durchfluss
geregelt, den die Hersteller der Sprühkugeln ebenfalls angeben.
Beim angegebenen Druck ergibt sich dann der vorgeschriebene Druck.
Falls ein
Tank inklusive der Sprühkugel gekauft wird, wählt gewöhnlich
der Tankbauer die Sprühkugel aus. Obwohl der Kunde einen
Rechtsanspruch auf eine Bedienungsanleitung hat, wird in den meisten
Fällen ein Tank ohne eine solche Anleitung ausgeliefert und
die Spezifikation der Sprühkugel bleibt dem Kunden verschlossen
oder er muss sich die Type aus der Stückliste heraussuchen.
Da Zielstrahlreiniger nicht als unwichtige Bauteile sondern als
Maschinen angesehen werden, wird üblicherweise mit jedem
Zielstrahlreiniger auch einen Bedienungsanleitung ausgeliefert.
Ein Vorteil der Zielstrahlreiniger, die wesentlich kleinere Flüssigkeitsmenge
und damit verbunden die wesentlich leichtere Abführung der
CIP-Flüssigkeit aus dem Tank, kann auch ein Nachteil sein,
wenn der Tank eine ungünstige Oberfläche aufweist. Tanks
die innen nicht gradlinig glatt sind, lassen sich mit großen
Reinigungsmengen leichter reinigen als mit Zielstrahlreinigern
und kleinen Reinigungsmengen.
Abb. 1 zeigt
die Angaben, wie sie im Katalog eines bedeutenden Herstellers
von Sprühkugeln stehen. Die Anschlussmaße zeigen, dass
sie für das aktuelle Rohr nach DIN 11850 Reihe 2 gedacht
sind; dies ist nicht bei allen Herstellern der Fall, häufig
werden Sprühkugeln für Reihe 1 oder nicht DIN-konforme
Rohre angeboten. Reihe 1 weist in den Nennweiten 25 und 50 nur
eine Materialstärke von 1 mm auf und ist das typische Rohr
für Einwalzverbindungen, die in der Brauerei seit über
20 Jahren kaum noch gebräuchlich sind.
Überraschen
mögen die Strömungsgeschwindigkeiten am Eintritt der
Sprühkugel, 10 m³/h entsprechen bei der DN 25 Kugel
5,23 m/s (entsprechend einem Druckverlust von 0,1 bar pro m Rohr),
die 21 m³/h in der Tabelle ergeben 11 m/s (entsprechend einem
Druckverlust von 0,4 bar pro m Rohr), bei der DN 50 Kugel ergeben
sich ebenfalls hohe Werte von 4,24 m/s bei 30 m³/h und von
5,8 m/s bei 41 m³/h. Insbesondere bei den DN 25 Sprühkugeln
muss der Druckverlust in der zuführenden Rohrleitung berücksichtigt
werden. In der Regel wird die zuführende Rohrleitung größer
ausgeführt, als der Sprühkugelanschluss und erst unmittelbar
vor dem Tankanschlussstutzen auf z.B. DN 25 reduziert. Auf keinen
Fall dürfen lange Zuführleitungen in DN 25 ausgeführt
werden.
Um die in
den Tank eingebrachte CIP-Flüssigkeit abzuführen, werden
meistens Kreiselpumpen als Seitenkanalpumpen oder spezielle Kreiselpumpen,
die in der Lage sind eine gewisse Menge Luft zu tolerieren, eingesetzt.
Je nach Tankgeometrie und CIP-Rückführung kann es notwendig
sein, den CIP-Vorlauf regelmäßig abzuschalten, um im
Tank keinen zu großen Sumpf entstehen zu lassen. Hierdurch
steigt die CIP-Dauer an.
Die Bedeutung
der Fließgeschwindigkeit in Rohrleitungen wird häufig
überschätzt. In realen Rohrleitungen herrscht ab etwa
0,3 m/s eine turbulente Strömung vor, die Voraussetzung für
eine akzeptabele Reinigungswirkung ist. Bei zu geringen Strömungsgeschwindigkeiten
können sich jedoch Feststoffe absetzen. Ab etwa 1,6 m/s kann
sichergestellt werden, dass in der Brauerei vorkommende feste
Verschmutzungen mitgefördert werden, sodass diese Fließgeschwindigkeit
nicht unterschritten werden sollte. Höhere Strömungsgeschwindigkeiten
schaden jedoch nicht. Ab etwa 3,5 m/s ist mit Strömungsgeräuschen
zu rechnen, die jedoch in der Brauerei kaum stören sollten.
Sofern die Rohrleitungen nicht zu lang sind, bleiben bei Strömungsgeschwindigkeiten
bis etwa 5 m/s auch die Druckverluste noch in einem erträglichen
Rahmen.
Bei jeder
Veränderung der maschinellen Ausrüstung einer Brauerei
ist die CIP-Reinigung zu berücksichtigen. Man sollte vermeiden
Verantwortung zu übernehmen, die besser beim Lieferanten
aufgehoben ist. Hierfür ist es notwendig, die Funktionen
bezogen auf die CIP-Reinigung und die Schnittstellen zu spezifizieren.
Insbesondere manuelle und automatisierte Vorgänge sollten
zusammen mit dem Lieferanten festgelegt werden, sonst findet sich
später ein Probenahmeventil, das manuel geöffnet werden
muss oder wenn vorgeschrieben wird, dass Probenahmeventile automatisch
durch die Steuerung zu öffnen sind, fehlen die Probenahmeventile
komplett, wenn versäumt wurde ihre Anzahl und Funktion festzulegen.
Den Ort der Probenahmeventile sollte man weder im Fließschema
noch räumlich sondern funktionell beschreiben. Sicherlich
klingt dies umständlich, aber fast jeder kennt Probenahmeventile,
die nur mit einer Leiter oder von Schlangenmenschen zu erreichen
sind. Auch die elektro-pneumatische Installation kann Probenahmeventile
in ihrer Zugänglichkeit und damit in ihrer Funktion beschneiden.
Wenn man die Funktionen sauber beschrieben hat, hat es Vorteile,
wenn die Verantwortung der mechanischen und der elektro-pneumatischen
Installation in einer Hand liegt. Falls man die Funktion unzureichend
beschrieben hat, kann es sein, dass der Lieferant sich wie Till
Eulenspiegel verhält. Wenn die Auflistung der Bauteile oder
die kaufmännischen Bedingungen mehr Platz einnehmen als die
Beschreibung der gekauften Funktionen, ist die Wahrscheinlichkeit
hoch, dass die Anlage nicht den Erwartungen genügen wird.
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