Bestellung
von Tanks und Behälten,
„Wenn
es einfach wäre, dann könnte es ja jeder“, ist
einer der Wahlsprüche von Tullum, dem Unternehmer, der
es geschafft hat, dass der Lückenschluss der BAB 31 z.T.
durch deutsche und niederländische Spendengelder finanziert
und die Autobahn dadurch bereits im Jahre 2004 und nicht erst
2015 fertig wurde.
Bei
Betriebsbesichtigungen stehen die Besucher fasziniert im Abfüllraum.
Den langweiligen Bereich zwischen der Zuckerannahme und der
Abfüllung nehmen sie kaum wahr. Offensichtlich sind auch
viele Fachleute der Ansicht, dass es sehr einfach ist Tanks
zu bestellen und dass fast jeder das kann. Dies ist zumindest
die naheliegendste Erklärung, wenn man die Fülle der
Fehler sieht, die bei der Spezifizierung und Bestellabwicklung
eines Tanks gemacht werden.
Wie
auch bei anderen Planungen ziehen sich Fehler, die zu Beginn
gemacht werden, gerne durch das ganze Projekt und bleiben häufig
bis zur Montage oder Inbetriebnahme unentdeckt.
Für
Budgetplanungen werden teilweise Behälter mehr oder weniger
wahllos „ausgelegt“, wobei sich diese geschätzten
Auslegungsdaten manchmal auch noch in der Auftragsbestätigung
und später am Tank wieder finden. Es wird dringend empfohlen,
geschätzte Werte oder Annahmen als solche klar zu kennzeichnen.
Wie
bei allen anderen Planungen ist auch hier ein strukturiertes
Vorgehen von Vorteil. Bei der Spezifikation sollten weder die
Maße noch das Material an erster Stelle stehen sondern
die Funktion. Auch wenn es lästig erscheint die Funktion
zu beschreiben, dass heißt wie man den Tank wofür
verwenden will, ist dies am wichtigsten und sollte immer zuerst
durchgeführt werden. Bei nahezu allen Schäden, die
nach der Inbetriebnahme auftreten, kann der Lieferant zu Recht
behaupten, dass er von einem speziellen Betriebszustand nichts
wusste und ihn deshalb nicht berücksichtigen konnte.
Folgende
Bereiche sollten in einer Anfrage beschrieben werden:
Produkte (möglichst detailliert, ggf. mit Dichte, Viskosität
und Temperatur, sonstige Eigenschaften (z.B.: Neigung zum Schäumen,
hohe Chloridgehalte))
Reinigung (inkl. Konzentrationen und Temperaturen)
Nenn- und maximales Füllvolumen, Befüll- und Entleerleistung
Probenahme
Betriebsdruck (befüllt und leer)
zur Verfügung stehender Raum, inkl. Beschaffenheit des
Fußbodens, Montageöffnungen
sämtliche Schnittstellen (z.B.: Steuerung, Kühlung,
Anschlüsse, anzubauende Armaturen, Sicherheitseinrichtungen,
erwartete Kabelschutzrohre, (Vorbereitung zur) Wärmedämmung)
Mannloch, Domdeckel, abklappbarer Konus
minimale Auslaufhöhe, maximale Tankmaße
Material, Oberfläche (innen/außen), Verarbeitung,
minimale Radien
sonstige Ausstattungen, wie z.B. Rühreinrichtung, Schaugläser
Abb.1
Puffertank nach einer KZE
Üblicherweise
berechnet ein Tankbauer den Behälter mit Wasser, falls
er keine anderen Angaben zur Verfügung hat. Einfachsirup
z.B. ist jedoch deutlich schwerer als Wasser und muss bei der
statischen Berechnung berücksichtigt werden. Der Inhalt
des Tanks sollte aber als Volumen und nicht als Masse angegeben
werden.
Das
eine Reinigung üblicherweise als automatische CIP durchgeführt
wird, wenn der Tank leer und verschmutzt ist, erscheint jedem
Fachmann einleuchtend, muss aber einem Lieferanten mitgeteilt
werden, um spätere Diskussionen zu vermeiden. Statt als
„Produkte“ verschiedene Reinigungsmittel aufzulisten,
sollte man klar zum Ausdruck bringen, dass der Tank nachdem
man ihn entleert hat, mit bestimmten Reinigungsmitteln automatisch
(!) cip-gereinigt wird. Manuell zulässige Arbeiten, wie
z.B. das Öffnen des Probenahmeventils sollte man ausdrücklich
nennen. Im 5 Minutentakt auf den Tank zu klettern, um Ventile
zu betätigen, ist hingegen meist unerwünscht.
Das
angegebene Nenn-Füllvolumen sollte als Mindest-Füllvolumen
bezeichnet werden, d.h. es ist die Menge, die man auf jeden
Fall in den Tank füllen will. Statisch sollte der Tank
jedoch so berechnet werden, dass man ihn bis zum max. Füllstand
befüllen kann, dies ist entweder das Randvoll-Volumen oder
das Volumen bis zu einem Überlauf (z.B. bei CIP-Tanks).
Auch
wenn es sich sicherlich um Einzelfälle handelt, so hat
ein Tankbauer z.B. den Betriebsdruck für einen leeren Tank
berechnet. Da der Tankboden nicht für die statische Last
des befüllten Tanks und den vom Kunden erwarteten Druck
im Kopfraum ausgelegt war, konnte der Tank nur bei einem deutlich
verminderten Betriebsdruck betrieben werden.
Auch
wenn man allgemein in Über- und Unterdruck denkt, sollte
man eigentlich immer Absolutdrücke angeben, wenn es sich
im Verfahren um Absolutdrücke handelt, so ist der Kohlensäuresättigungsdruck
ebenso wie der Verdampfungsdruck von Kältemittel nicht
ein Relativdruck zur Atmosphäre sondern ein Absolutdruck.
Zahlreiche
Betriebe betreiben ihre Tanks nicht bei dem technologisch gewünschten
Absolutdruck sondern bei einem Relativdruck. Die gebräuchlichen
mechanischen Überdruckventile regeln immer den Relativdruck.
Bei automatischen Druckregelungen gibt es hingegen keinen Grund
nicht den richtigeren Absolutdruck zu einzustellen.
Abb.2 CIP Tanks
Da
der Tank üblicherweise nicht im luftleeren Raum aufgestellt
wird, wird die Tankfestigkeit hingegen immer auf Differenzdruck
berechnet und auch so gekennzeichnet.
Die
möglichen Luftdruckschwankungen betragen in Deutschland
weniger als 0,1bar und sind deshalb im Bereich der Tankstabilität
praktisch zu vernachlässigen.
Falls
der Lieferant jedoch den Tank vollständig ausstattet, macht
es einen Unterschied ob der Druckaufnehmer Absolutdruck oder
Relativdruck misst.
(Steril-)puffertanks
werden in der Regel ohne Vakuumventil betrieben und deshalb
vollvakuumfest angefragt. Im Angebot und später auf dem
Typenschild steht dann meistens Betriebsdruck -1 bis ... bar.
Dies ist aus Sicht des Tankbauers verständlich.
Tanks
stehen meist auf dem Fußboden. Von Ausnahmen abgesehen
ist der Boden mit Gefälle versehen. Da der Tank nicht (zu
sehr) schief stehen darf, muss eine geeignete Möglichkeit
berücksichtigt werden, um den Tank auszurichten. Justierbare
Kalottenfüße inkl. Kalottenteller sind montagefreundlich.
Bei größeren Tankdurchmessern und 2% Gefälle
im Fußboden, ist der Verstellbereich der Kalottenfüße
jedoch häufig nicht ausreichend.
Sollen
die Behälter mit Armaturen oder sonstigen Bauteilen ausgerüstet
werden, müssen diese so detailliert wie möglich beschrieben
werden. Häufig auftretende Fehler sind Bauart, Typ und
Zugänglichkeit von Probenahmeventilen. Kükenhähne,
die mit Teflonband oder Flachdichtungen in Rohrmuffen eingeschraubt
werden, stellen für einige Lieferanten eine akzeptabele
Lösung dar. Toträume und Sprühschatten, z.B.
im Bereich von Standardmannlöchern oder falsch ausgeführten
Domdeckel- bzw. Konusabdichtungen sind an der Tagesordnung.
„O-Ring-Abdichtung und metallischer Anschlag“ klingen
nach hygienischer Abdichtung, aber offenbar beschäftigen
einige Tankbauer Schildbürger, die Fehler konstruieren,
die man nicht für möglich halten würde.
Wie
der Tank tatsächlich aufgestellt wird, wird häufig
erst nach dessen Bestellung entschieden. Anschlussstutzen und
andere Bauteile befinden sich dann häufig an der falschen
Stelle. Falls es technisch möglich und sinnvoll ist, sollten
sich die Bauteile und Stutzen am geflanschten Konus oder auf
dem Domdeckel befinden, damit sie durch einfaches Umschrauben,
der späteren Detailplanung angepasst werden können.
Die
Auslaufhöhe ist bei den meisten Tanks viel zu niedrig.
Wenn räumliche Gegebenheiten nicht dagegen sprechen, sollte
die Auslaufhöhe mindesten 1,5m betragen. Abbildung 1 zeigt
den Puffertank einer KZE-Anlage. durch die notwendigen Verstrebungen
wird die Zugänglichkeit behindert. Abbildung 2 zeigt CIP-Tanks
(vom selben Hersteller), die hier notwendigen Verstrebungen
schränken die Zugänglichkeit deutlich ein. Der Kunde
hat in beiden Fällen vergessen gehabt, die Zugänglichkeit
als essentielle Funktion zu definieren.
Falls
eine geschliffene Oberfläche gewünscht wird, muss
die Schliffrichtung definiert werden. Die Rauigkeit wird üblicherweise
als mittlere Rautiefe „Ra=...µm“ definiert.
Für Sicherheitsgeländer einer Achterbahn ist diese
Angabe sicherlich weiterhin sinnvoll. Wenn es nicht primär
um den optischen Eindruck sondern um die funktionelle Beschaffenheit
einer Oberfläche geht, ist diese Angabe nicht sehr zweckmäßig.
Im Bereich der Kosmetik- und Pharmaindustrie definiert man statt
der mittleren, die maximale Rautiefe. Einige Universitäten
arbeiten daran statt einer 2-dimensionalen Fläche einen
3-dimensionalen Raum zu beschreiben. In der Übergangszeit,
bis entsprechende Definitionen zur Verfügung stehen, ist
die Vereinbarung der maximalen Rautiefe sicherlich geeigneter,
als die der üblichen mittleren Rautiefe, um die gewünschte
Reingungsfähigkeit zu gewährleisten.
Ein
großes Risiko ist es, sich möglichst gewählt
ausdrücken zu wollen. Kein Gericht der Welt verurteilt
einem wegen Wiederholungsfehlern. Wenn man für ein und
dieselbe Sache aber zwei verschiedene Wörter benutzt, wird
einem der gegnerische Anwalt nachweisen, dass man darunter zwingend
zwei verschiedene Bedeutungen vermuten musste. Informationsverdichtung
sollte vermieden werden, ieber zwei Sätze zu viel geschrieben,
als ein Wort zu wenig. Eine Preambel macht auch bei so „kleinen
langweiligen“ Bauteilen wie Tanks sehr viel Sinn und ist
häufig viel mehr wert als seitenlange AGB.
Man
sollte bei einer Bestellung nicht nach Angebot sondern nach
der eigenen Anfrage bestellen. Die Formulierung: „...
bestellen wir gemäß unserer Anfrage zu dem von Ihnen
angegebenen Preis ...“, klingt doch genauso freundlich,
wie wenn man „gemäß Angebot“ bestellt?
Die
Auftragsbestätigung sollte sorgfältig geprüft
werden. Unklarheiten sollten geklärt werden. Wenn jeder
weiß, dass in dem Tank Fertigsirup angerührt werden
soll, dann sollte man es auch so aufschreiben. Wenn der Lieferant
meint, Worte wie „Suppe“ oder „Brühe“
verwenden zu müssen, macht er es vielleicht aus Unwissenheit,
wenn er den Kunden ernst nimmt, wird er jedoch dieselben Worte
verwenden, die der Kunde in der Anfrage verwendet hat. Ein vermeintlich
billiges, nachlässig und unpräzise formuliertes Angebot
kann sehr teuer werden. Ein Vertrag ist nicht dafür da,
den Partner zu übervorteilen sondern um Selbstverständlichkeiten
eindeutig zu formulieren, damit der eine weiß was er bekommt
und der andere weiß, was er liefern muss. Je genauer etwas
beschrieben ist, desto weniger Möglichkeiten entstehen
misverstanden zu werden. In einer Anfrage ist es noch zulässig
bestimmte Armaturen-/Bauteilehersteller wahlweise zu nennen,
sogar der Zusatz „oder gleichwertig“ darf in der
Anfrage verwendet werden. In der Bestellung und in der Auftragsbestätigung
muss aber jedes Bauteil zweifelsfrei beschrieben sein, außer
man findet es akzeptabel 10 Tanks geliefert zu bekommen, bei
denen der Hersteller der Auslaufventile von Tank zu Tank verschieden
ist. Die Diskussion ob ein chinesischer Hersteller mit einem
unaussprechlichen Namen gleichwertig zum deutschen Marktführer
ist kann man vermeiden, wenn man den Zusatz „oder gleichwertig“
in einem Vertrag nicht verwendet.
Einige
Floskeln können helfen die Details zu regeln, die man vergessen
hat genau zu spezifizieren. Der erste Baustein ist die bereits
genannte Preambel. Die Bestellung nach dem Stand der Technik
ist immer hilfreich. Die europäische Norm EN 45020 definiert:
„Stand der Technik: entwickeltes Stadium der technischen
Möglichkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt, soweit Produkte,
Prozesse und Dienstleistungen betroffen sind, basierend auf
entsprechenden gesicherten Erkenntnissen von Wissenschaft, Technik
und Erfahrung“.
Eine
der letzte Fallen in die der Kunde tappen kann, ist die Freigabezeichnung,
die der Lieferant häufig mit dem Hinweis versendet, dass
der Liefertermin nur eingehalten werden kann, wenn man diese
Zeichnung sofort unterschrieben zurück sendet. Freigabezeichnungen
sind meist Fertigungszeichnungen oder Auszüge aus Fertigungszeichnungen
und werden fast nie für den Kunden angefertigt oder für
ihn angepasst. Niemand kann gezwungen werden Regeln anzuwenden,
die er nicht versteht und nicht vereinbart hat. Um spätere
Diskussionen zu vermeiden sollte der Punkt Freigabe einer Fertigungszeichnung
in der Bestellung mit aufgenommen werden. Es sollte klar gestellt
werden, dass der Lieferant für die Einhaltung der vertraglich
vereinbarten Leistung verantwortlich ist er selbst und nicht
der Kunde muss Fertigungsunterlagen inkl. Fertigungszeichnungen
prüfen. Falls vor der Fertigungsfreigabe durch die Fertigungssteuerung
des Lieferanten (!) noch Fragen offen sein sollten, so muss
er alle offenen Fragen einzeln, detailliert und konkret schriftlich
formulieren. Zur Unterstützung kann es sinnvoll sein eine
Zeichnung, in einem vom Kunden lesbaren Format den Fragen beizulegen.
Eine Fertigungszeichnung (Abb.3), die dem Kunden im pdf-Format
mit gelber Schrift auf weißem Grund zugeschickt wird,
erfüllt sicherlich nicht diese Anforderung. Wenn ein Zeichner
am Bildschirm gelb auf schwarzem Hintergrund zeichnet, sollte
ihm bewusst sein, dass er für einen Ausdruck auf weißes
Papier die Farben zwingend ändern muss. Auch die Unsitte
ein CAD-Programm als eine Art Zeichenbrett zu betrachten und
Zeichnungen prinzipiell in einen A0 Rahmen zu skalieren, ist
zur unterstützenden Sichtbarmachung von Fragen ungeeignet.
Zeichnungen müssen als DIN A3 Ausdruck von einem Menschen
mit normaler Sehfähigkeit problemlos lesbar sein.
Abb.3 Ausschnitt „Freigabezeichnung“
Auch
wenn die hier genannten Punkte äußerst simpel klingen,
werden sie doch in den allermeisten Fällen nicht berücksichtigt.
Als Erklärung hierfür Zeitmangel zu nennen wäre
falsch; denn Zeit und Intelligenz sind die beiden Dinge die
wirklich gerecht verteilt sind, - jeder hat dieselbe Menge Zeit
und man findet selten Menschen, die sich darüber beklagen
nicht genug Intelligenz zu besitzen.
Download
als pdf-Datei
zurück
zur Themenübersicht branchenübergreifend