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Denn sie wissen nicht was sie tun?
Bauteilauswahl aus Gewohnheit statt Erfordernis?
Im Anlagenbau werden auf Grundlage des Lastenheftes bewährte Lösungen mit Empfehlungen von (Unter-)Lieferanten und erforderlichen Anpassungen des Abwicklers und des Programmierers zu einer kompletten Anlage zusammen gefügt. Planungs- und Ausführungsfehler sollten spätestens bei der Inbetriebnahme festgestellt und beseitigt werden. Insbesondere wenn die, die Anlage geplant, montiert und geprüft haben, auch die Inbetriebnahme durchführen, ist es nicht ungewöhnlich, dass Fehler unentdeckt bleiben und manchmal erst Monate oder Jahre später zu Schadensfällen führen. Deshalb sollte der Anlagenbetreiber kritisch fragen, warum der Planer sich für die gewählte Ausführung einzelner Funktionsbausteine entschieden hat. Nachfolgend werden Hinweise gegeben, um solche Fragen zu formulieren und Fehler möglichst zu vermeiden.
Polizeiberichte oder Sportmeldungen einer Presseagentur reichen heute bereits aus, um automatisch komplette Zeitungsartikel zu verfassen. Hotlines und „Servicecenter“ sind ebenso wie Röntgenärzte weitgehend durch Automaten ersetzbar, da sie verbal denkend, erlerntes Wissen direkt anwenden. Wenn ein Planer sich im „bewährten“ gewohnten Bereich bewegt, dann sollte er ebenfalls durch einen Algorithmus ersetzbar sein. Wenn aber ein Automat einen gezeichneten Kreis scannen, d.h. digitalisieren soll, wird er ihn in Pixel umwandeln nach dem Motto: je mehr Pixel, desto genauer das Ergebnis. Würde er den Kreis als Kreis erkennen, würde er ihn als Vektorgrafik darstellen und er bekäme den idealen Kreis mit minimalem Datenbestand.
Falls der Programmierer nicht daran gedacht hat, kann die „künstliche Intelligenz“ eigenständig eine Vektorgrafik „erfinden“? Aktuelle Software kann scheinbar schon programmieren und entwickeln. Ist dies nur ein Taschenspielertrick, kombiniert die Software fertigprogrammierte Schritte oder ist sie tatsächlich kreativ? Könnte eine Wertanalyse auch durch Software durchgeführt werden? Bis die künstliche Intelligenz von der künstlichen Kreativität abgelöst wird, bleibt die echte Kreativität (nonverbal) denkenden Menschen vorbehalten.
Nun nimmt die Spezialisierung seit Einführung des PCs stetig ab. Das Verhältnis der primären Planungstätigkeit zu den Nebentätigkeiten hat sich auch bei Abwicklern deutlich verschoben. Früher begann der Planer mit einem leeren Bogen Papier, heute ändert er regelmäßig ein „ähnliches“ Projekt am PC ab, bei dem erkannte Fehler nicht eingepflegt wurden. Wiederkehrende Baugruppen werden vorzugsweise in einer Datenbank verwaltet und mit wenigen Klicks wird eine komplette Anlage geplant. Diese Arbeit muss nicht von einem denkenden Menschen durchgeführt werden, sondern könnte auch ein Algorithmus übernehmen. „Glücklicherweise“ sind die Stückzahlen der benötigten Anlagen noch so gering, dass es sich wirtschaftlich noch nicht lohnt hierfür Automaten einzusetzen.
Wenn man Funktionsbausteine regelmäßig auf den Prüfstand stellt, wird man feststellen, dass hier ein erhebliches Optimierungspotenzial schlummert. Wenn z.B. nur die Schnittstellen, die Einsetzbarkeit und die Grenzen eines solchen Funktionsbausteins genauer definiert werden, können Fehler beim zukünftigen Einsatz reduziert werden, da nun mindestens dem Mitarbeiter, der den Baustein durchdacht hat, klarer ist, wann er wie und warum verwendet wird.
Eine verfahrenstechnische Inbetriebnahme von einem an der Planung und Errichtung unbeteiligten Inbetriebnehmer wird kaum noch durchgeführt. Die Regel ist, das Montageende wird nicht abgewartet, sondern es werden frühzeitig als Teilinbetriebnahmen bezeichnete Funktionstests durchgeführt. Abwickler und Montageleiter agieren als Assistenten des inbetriebnehmenden Programmierers. Hierbei entstehen in der Regel mehr Fehler, als gefunden und beseitigt werden.
Nachfolgend soll das sprichwörtliche Loch in der Straße näher betrachtet werden.
Geschlossene Rohrabschnitte
Zwei geschlossene Absperrorgane und dazwischen eine Rohrleitung ist ein einfacher Funktionsbaustein über den zu selten nachgedacht wird.
In Rohrzäunen soll durch Stoppventile z.B. ein unnötiges Füllen von langen Rohrleitungen verhindert werden. In anderen Fällen will man die Folgen einer Leckage minimieren oder es gibt klare verfahrenstechnische Anforderungen wie z.B. das Auskoppeln von Anlagenteilen, die für bestimmte Prozesse nicht betrieben werden. Die einfachste und häufigste Anwendung ist vermutlich ein Tankauslaufventil als Scheibenventil ausgeführt in Verbindung mit einem Blindkegel und einer Nutmutter.
Der Fall, dass nach dem Aufschrauben des Blindkegels der Stutzen aus unbekannten Gründen vollständig mit Flüssigkeit gefüllt wird, kommt scheinbar nur bei Milchsammelwagen vor. Wenn sich die eingesperrte Flüssigkeit im Stutzen erwärmt, treten durch die sich ausdehnende Flüssigkeit sehr hohe Drücke auf, die ab etwa 35 bar die Scheibe des Scheibenventils bleibend verformen. Das dies meist bei Milchsammelwagen beobachtet wird liegt möglicherweise daran, dass es davon eine sehr große Anzahl gibt [Anm.: Milchproduktion in Deutschland etwa 93 Mio. Hektoliter im Jahr] und sich kalte Milch bei direkter Sonnenbestrahlung entsprechend leicht erwärmen und ausdehnen kann. Möglicherweise wird über vergleichbare Schadensfälle auch einfach nicht berichtet? Um diesen Schadensfall zu vermeiden wären zunächst organisatorische Maßnahmen denkbar! Man könnte auch statt eines Scheibenventils ein Sitzventil einsetzen, dass ab einem bestimmten Druck aufgedrückt wird oder am Stutzen oder Blindkegel ein Sicherheitsventil oder eine Berstscheibe montieren? Kreative Köpfe würden z.B. ein Druckausgleichsgefäß, wie man es von der heimischen Heizungsanlage kennt erwägen oder vorschlagen zukünftig die Milch in Kannen auf einer Pritsche zu transportieren. Nun ist das Beispiel des Auslaufstutzens eines Milchsammelwagens zweifelsfrei ein sehr überschaubarer Funktionsbaustein, aber das Beispiel zeigt, an welche Grenzen eine automatische Projektierung stoßen könnte.
Kann man die Lösungsansätze auf andere geschlossene Rohrleitungsabschnitte übertragen?
Outdoor Tanks
Bei Tanks, die im Freien stehen, wird das funktionale Tankauslaufventil üblicherweise in den Bedienbereich verlegt. Die Rohrleitung zwischen dem Tank und diesem Ventil beträgt regelmäßig über zehn Meter und ist meist mit einer Begleitheizung und Wärmedämmung ausgestattet, um ein einfrieren im Winter zu verhindern. Unmittelbar am Tank ist üblicherweise ein manuell betätigtes Absperrventil installiert, dass normalerweise immer offen ist. Würde man dieses Ventil schließen und die Begleitheizung würde die Flüssigkeit im Rohr erwärmen, würden Scheibenventile genauso zerstört werden, wie beim Milchsammelwagen; aber warum sollte jemand das Ventil schließen? Falls jemand auf die Idee käme dieses Ventil mit einem automatischen Antrieb zu versehen, wäre der Antrieb dann federöffnend?
Rohrleitungen
Wenn ein Stoppventil in einem Rohrzaun die unerwünschte Füllung einer Leitung verhindern soll, dann ist der gewünschte Weg an beiden Seiten offen, um einen Tank zu befüllen oder zu entleeren. Beim bestimmungsgemäßen Gebrauch macht es keinen Sinn Flüssigkeit in einen Rohrabschnitt zwischen zwei geschlossenen Ventilen einzusperren. Es gibt keine Pauschalantwort für die richtige Sicherheitsstellung, aber häufig wäre es sinnvoll, die Ventile blieben in der letzten Stellung. Wenn Pumpen stoppen sind fallende oder kommunizierende Flüssigkeitssäulen zu berücksichtigen.
Bei der (heißen) CIP entspricht es den allgemein anerkannten Regeln der Technik, dass in unmittelbarer Nähe des zur Erhitzung der CIP-Flüssigkeit installierten Wärmeübertragers ein Sicherheitsventil eingebaut wird. CIP-Flüssigkeit wird bestimmungsgemäß nur erwärmt, wenn sie fließt. Macht es Sinn sie einzusperren und aufzuheizen damit das Sicherheitsventil seinen Sinn erfüllen kann?
Wenn Anlagenteile bei bestimmten Prozessen nicht benötigt werden, könnte man sie mit 3 Absperrventilen ein- bzw. auskoppeln. Der nicht benötigte Anlagenteil wäre dann an beiden Enden eingesperrt. Am eindrucksvollsten kann man sich vorstellen was passiert, wenn man den Heißhalter einer Kurzzeiterhitzung dadurch verkleinern würde. Die Installation eines Sicherheitsventils, das beim bestimmungsgemäßen Gebrauch anspricht, genügt selbstverständlich nicht einmal Minimalanforderungen und muss als dilettantisch abgelehnt werden. Das Einkoppeln solcher Anlagenteile kann über Anschraubbögen oder eine entsprechende Ventilgruppe erzeugt werden. Aber das Problem, dass die sich ausdehnende Flüssigkeit irgendwohin muss und dass beim Abkühlen keine Außenluft angesaugt werden sollte, muss verfahrenstechnisch sauber durchdacht und gelöst werden. Ein steriles Gaspolster kann evtl. eine Lösung sein.
Kondensatsperre
Die Abbildung 1 zeigt vereinfacht eine typische aseptische Anwendung. Auch für Anwender, die keine aseptischen Anlagen betreiben sind die Fehlermöglichkeiten und Lösungsansätze sicherlich interessant.
An aseptischen Anlagen gibt es Schnittstellen z.B. zum CIP-Rücklauf, die üblicherweise mit einer Dampfsperre abgesichert werden; d.h. zwischen dem sterilen und dem unsterilen Bereich wird ein Raum geschaffen, der immer nass und heiß genug ist, um den sterilen Bereich abzuschotten. Der erste Ansatz ist, mit Hilfe eines Druckminderers (eines Regelventils ohne Hilfsenergie) strömt Dampf in diesen Raum. Durch den eingestellten Dampf-Druck ergibt sich die Temperatur. Der Soll-Druck liegt sinnvollerweise klar oberhalb des atmosphärischen Drucks, damit keine atmosphärische Luft angesaugt und das Kondensat einfach abgelassen werden kann. Für die Kondensatabführung wird ein Kondensatableiter gewählt, der ebenfalls ohne Hilfsenergie, entweder mit Schwimmer oder mit einem Bimetall oder mit einer Kombination von beidem, arbeitet. Da passive Regelorgane üblicherweise nicht direkt überwacht werden können, wird zur Kontrolle der Funktion ein Temperaturaufnehmer installiert. Zur Abtrennung zum Dampfnetz gehören ein Rückschlagventil und ein federschließendes Absperrventil.
„Sinnvolle“ Erweiterung?
Um CIP-Flüssigkeit oder größere Kondensatmengen beim Anfahren ablassen zu können wird parallel zum Kondensatableiter ein federschließendes Absperrventil eingebaut. Bei längerer Produktionszeit und entsprechender Dampfbeaufschlagung des Produktventils würde das Produkt an dem Ventil anbrennen, sodass aus der Dampfsperre sinnvollerweise eine Kondensatsperre wird, mit Kondensat von um 85°C. Der Kondensatableiter ist nur bedingt dazu geeignet Kondensat gezielt auf ein bestimmtes Niveau anzustauen. Ferner befindet sich der Kondensatableiter möglicherweise nicht direkt neben dem Produktventil. Deshalb wird nun zusätzlich ein Absperrventil in unmittelbarer Nähe des Produktventils montiert und über den Temperaturaufnehmer zur Überwachung wird nun dieses Absperrventil gesteuert. Wenn die Temperatur hoch genug ist, liegt am Temperaturaufnehmer Dampf an und das Ventil schließt, sinkt die Temperatur befindet sich dort Kondensat, das sich stetig abkühlt, fällt die Temperatur unter einen Minimalwert öffnet das vorgenannte Ventil und führt das Kondensat dem Rohr vor dem Kondensatableiter zu (Abb. 1).
Abb. 1 Typische aber nicht empfehlenswerte Kondensatsperre
Ein Fließschema dient häufig als Montageanweisung; es legt aber häufig weder die Rohrlängen noch in allen Fällen die Rohrleitungsdimensionen fest. Dies wird dem Bauleiter überlassen und sollte vom Inbetriebnehmer vor der Inbetriebnahme zur Feststellung des Montageendes geprüft werden.
Die zuvor beschriebene Lösung der Kondensatsperre ist offensichtlich „organisch gewachsen“, d.h. aus der Grundidee hat sich Schritt für Schritt eine Ausführung entwickelt, die nach jedem einzeln festgestellten Problem im Ganzen hätte durchdacht werden müssen. Z.B. wird hier zwischen Absperrventil und Kondensatableiter Dampf eingesperrt, der natürlich kondensiert und der dadurch entstehende Unterdruck wird über den einfachsten Weg ausgeglichen: Aus dem Gully wird über den Kondensatableiter Luft angesaugt. Überwachung und Steuerung über denselben Messwertaufnehmer sind nicht wünschenswert. Durch die angesteuerten Ventile hat der Kondensatableiter eigentlich keine Funktion mehr.
Abb. 2 Mögliche Ausführung einer Kondensatsperre
Wenn (Abb.2) das Kondensat zwischen zwei Füllstandsgrenzschaltern gesteuert wird und das Kondensat über eine (schaltbare) Blende abgelassen wird, können neben der Temperatur auch die Ablass- und die Anstiegszeit überwacht werden. Ein Leck des Produktventils müsste so ebenfalls erkannt werden. Da der Druck in diesem Bereich wichtig ist und durch den Dampfdruck erzeugt wird, könnte eine Drucküberwachung erwogen werden. Eine Leitfähigkeitsmessung würde erkennen, wenn Produkt sich mit dem Kondensat vermischt. Welche Ventile müssen bei einem Energieausfall geschlossen werden? Macht es Sinn, dass Dampfabsperrventil bei einem Energieausfall in seiner ursprünglichen Stellung zu belassen; falls es über eine Feder geschlossen wird, wird der Dampf bald kondensieren und durch den entstehenden Unterdruck wird dieser Bereich nicht mehr als steril betrachtet werden dürfen. Bei einem federöffnenden Dampfabsperrventil würde dies öffnen, obwohl es vorher geschlossen war, dadurch könnten z.B. bei der Wartung gefährliche Situationen entstehen. Warum werden so selten selbsthemmende Elektroantriebe?
FazitWenn eine Grundidee sich als fehlerhaft herausstellt, wird regelmäßig versucht einzelne Fehler zu eliminieren, statt die Grundidee in Frage zu stellen und den Problemkreis vollständig zu überdenken. Federschließende Antriebe werden mit Abstand am häufigsten eingesetzt, nach dem Motto: Im Zweifel alles zu und aus. So wie es bei einer Gefahrbremsung mit einem Auto Sinn macht, die Servobremse und -lenkung und alle Sicherheitssysteme weiterhin mit Energie zu versorgen, statt wegen einer möglichen Brandgefahr beim Unfall alles abzuschalten, so sind auch federschließende Ventile sehr häufig Ursache von Fehlern, die sie eigentlich vermeiden sollten. Bei jedem einzelnen Ventil sollte überlegt werden, welches die richtige Sicherheitsstellung ist. An der Katastrophe von Fukushima war auch ein federschließendes Ventil beteiligt, wo ein federöffnendes essenziell gewesen wäre. Wenn ein Planer außerdem nicht weiß warum er gerade hier automatische Ventile ohne Hilfsenergie, stetig regelnde Stellventile mit PID-Regler oder Auf-Neutral-Zu-Regler einsetzt, dann bestehen beste Voraussetzungen dafür ihn durch einen Automaten zu ersetzen.
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