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Mögliche Lösungen zum Zuckerlösen
Auch wenn in bestimmten Segmenten Süßstoffe oder HFCS die Süßung mit konventionellem Zucker, d.h. aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnener Saccharose, verdrängt haben, so wird doch weiterhin eine erhebliche Menge an konventionellen Zucker zur Süßung von Getränken verwendet. Die Gewinnung der Saccharose geschieht mit einem rein physikalischen Trennverfahren, somit kann Saccharose als weitgehend naturbelassen angesehen werden. Saccharose ist ein Geschmacksträger und beeinflusst das Geschmacksempfinden von Aromen positiv. Auch wenn aus ernährungspolitischen Gründen der Zuckerkonsum als uncool oder sogar ungesund dargestellt wird, so wird doch insbesondere zur Herstellung von Süßgetränken auch weiterhin eine nennenswerte Menge Kristallzucker aufgelöst werden. Der Geschmack von Saccharose wird praktisch von allen Menschen als positiv empfunden. Es gibt keine Saccharose Allergie [Anm.: Saccharose Intoleranz ist die "krankhafte" Unfähigkeit des Körpers Saccharose abzubauen, sodass Saccharose den "falschen" Mikroorganismen im Darm zur Vermehrung dient, deren Stoffwechselprodukte Beschwerden verursachen - dies ist jedoch keine Allergie (Überempfindlichkeit)].
Um die gewünschte Zuckerqualität zu erzeugen, wird während der Zuckergewinnung nach den anerkannten Regeln der Technik Zucker in die kristalline Form überführt. Auch wenn der Lieferant Flüssigzucker anbietet, ist dieser Flüssigzucker durch das Auflösen von kristallinem Zucker entstanden. Flüssigzucker darf nicht mit HFCS [High Fructose Corn Syrup] verwechselt werden. HFCS wird aus (Mais-)Stärke gewonnen. Da Fructose bei identischer Konzentration eine höhere Süßungskraft als Glucose oder Saccharose aufweist, wird im allgemeinen eine 55% Fructose- und 45% Glucose-Mischung gehandelt. Hierdurchi werden Kalorien und Kosten "eingespart". Der Norm-Konsument kann ein Süßgetränk, das mit HFCS gesüßt wurde nicht von einem mit Saccharose bzw. vollinvertierter Saccharose [50% Fructose + 50% Glucose] hergestelltem Getränk unterscheiden. Insbesondere in den USA werden Süßgetränke praktisch ausschließlich mit HFCS hergestellt. Der Sirup, der in der vor etwa 25 Jahren in Deutschland aufgestellten Anlage zur Erzeugung von HFSS [High Fructose Starch Syrup], die prinzipiell jede Art von Stärke verarbeiten konnte, erzeugt wurde, war gegenüber dem Zucker aus Zuckerrüben nicht konkurrenzfähig.
Das Zuckerlösen zum Lieferanten zu verlagern, ist sicherlich die eleganteste Lösung und sollte immer die erste Wahl darstellen, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll ist. Ein funktionierendes und bewährtes System zu wechseln ist meist wirtschaftlich nicht vertretbar. Wenn z.B. 10.000 t Zucker warm ohne Wärmerückgewinnungssystem gelöst werden, entstehen hierfür Energiekosten von max. 50.000 €. Inklusive Nebenkosten erreicht man somit bei der Installation einer energieeffizienten Anlage in der Regel Amortisationszeiten von über 4 Jahren. Wenn aber die Entscheidung ansteht, eine neue Zuckerlösung zu installieren, sollten alternative Techniken erwogen werden. Neben gesetzlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind evtl. (Franchize-)Verträge zu beachten. Politische Gründe sollten berücksichtigt werden, wenn sie vom Marketingbudget finanziert werden.
Prinzipiell wird ein Einfachsirup oder ein standardisierter Einfachsirup nicht benötigt. Der apparative Aufwand, um einen Fertigsirup oder ein Fertiggetränk mit kristallinem Zucker direkt zu erzeugen ist erheblich und ab einer bestimmten Produktionsmenge und -vielfalt ist diese Arbeitsweise in der Regel unwirtschaftlich. Wenn mit kontinuierlichen Getränkeausmischanlagen gearbeitet wird, ist ein Einfachsirup technisch notwendig. Wenn die Konzentration des Einfachsirups bekannt ist, muss sie aus technischen Gründen nicht einem festgelegten Standard entsprechen sondern darf in einem bestimmten Bereich schwanken.
Die einfachste Bauart eines Zuckerlösers ist der Großraumlöser, hier wird in einem Tank die vollständige Ladung eines LKW im Batch gelöst.
Die Grundlagen der Lösung von Zucker sind jedem aus persönlicher Erfahrung bekannt. Wenn man Tee süßt, gibt man in der Regel exakt die Menge Zucker hinzu, die man dann vollständig unter ständigem Rühren auflöst. In der ostfriesischen Teezeremonie wird hingegen das Konzentrationsgefälle dadurch erhöht, dass Kluntjes [Kandis] im großen Überschuss in die Teetasse gegeben werden. Damit der Tee nicht zu süß wird, wird nicht umgerührt und nach der ersten Tasse Tee befindet sich noch der überwiegende Anteil der zugegebenen Kluntjes ungelöst in der Tasse. Hierdurch wird eindrucksvoll demonstriert, dass Diffusion ausreicht, um eine ausreichende Auflösung des Zuckers zu erzeugen. Durch Rühren wird jedoch eine Strömungsmechanik erzeugt, die mit Molekularkräften (Adhäsion) die Auflösung beschleunigt.
Wenn man auf Grundlage der persönlichen Erfahrung einen kontinuierlichen Zuckerlöser konstruieren will, wird der Warmlöser (Abb.1) vermutlich dem ersten Gedanken sehr nahe kommen. Wasser und Zucker werden erwärmt und gerührt; wenn die gewünschte Konzentration erreicht ist, wird Einfachsirup über ein feinmaschiges Sieb kontinuierlich abgeführt und die entnommene Menge wird durch die kontinuierliche Zugabe von Wasser und Zucker ausgeglichen.
Abb.1 Prinzipskizze Warmlöser
Der Kaltlöser (Abb.2) ist im Prinzip eine Weiterentwicklung des Warmlösers. Durch eine Erhöhung des Konzentrationsgefälles kann mit weniger Energieaufwand ein vergleichbares Ergebnis erzeugt werden.
Abb.2 Prinzipskizze Kaltlöser
In der Literatur findet man für Saccharose einen Schmelzpunkt von 185° C. Die spezifische Wärmekapazität von Zucker beträgt etwa 1,24 kJ/kgK. Wenn man 60 Kilogramm Saccharose von 20°C auf 185°C erwärmen würde, benötigte man hierfür 9600 kJ und zum Schmelzen (56 kJ/kg) zusätzlich 3360 kJ. Wenn man diese 12.960 kJ verwendete um eine 60°Brix Zuckerlösung zu erwärmen (2,42 kJ/kgK) könnte man die Temperatur rechnerisch um 53,58°C oder von 20°C auf fast 74°C erhöhen.
Man könnte somit, mit einem vertretbaren Energieeinsatz, Zucker schmelzen und kontinuierlich (inline) den geschmolzenen Zucker mit Wasser vermischen. Für die Lösung würde keinerlei Zeit benötigt. Geschmolzener Zucker lässt sich leicht vor dem Mischen entgasen, sodass man sehr elegant einen entgasten Einfachsirup herstellen könnte. Praktische Versuche zeigen, dass Saccharose bereits bei etwa 135° zu schmelzen beginnt. Noch bevor der Zucker vollständig geschmolzen ist, umgibt ein angenehmer Karamelduft den Versuchsaufbau. Obwohl dies in der Literatur so nicht beschrieben wird, kann Saccharose durch Erhitzung in einem 140°C warmen Ölbad geschmolzen werden. Die Zufärbung und die Aromaveränderung sind signifikant, sodass sich dieses Verfahren für die meisten Getränke eher weniger eignet.
Aus praktischer Erfahrung weiß man, dass eine Temperaturerhöhung die Lösung überproportional vereinfacht. Bei den üblichen Temperaturen in einer Einfachsirup-Kurzzeiterhitzungsanlage wird ein Gemisch aus kristallinem Zucker und Wasser sehr schnell gelöst. Die Lösungsdauer ist deutlich kürzer als die übliche Durchlaufzeit, durch die KZE. Ein Hersteller hat diese ausgezeichnete Idee (Abb.3) leider zunächst nicht sehr marktgerecht umgesetzt, sodass diese Art der Zuckerlöser nicht die Verbreitung gefunden haben, die Ihnen eigentlich zustünden, obwohl sie seit mindestens 25 Jahren auf dem Markt sind.
Abb.3 Prinzipskizze "Schmelz"-Löser
Kontinuierliche Systeme werden gerne mit dem Argument angeboten, dass sie sich gut in der Leistung regeln ließen. Gute gravimetrische Messeinrichtungen für Schüttgüter sind relativ teuer, sodass praktisch alle Anbieter von kontinuierlichen Zuckerlösern auf eine solche Messeinrichtung verzichten. Die Zuckermenge wird üblicherweise durch eine Drehzahl-Regelung des Zuckerförderers erreicht. Falls weitere Störgrößen ausgeschlossen wären, würden nur veränderte Füllungsgrade im Förderer und Schwankungen im Schüttgewicht diese Regelung beeinflussen. Außer beim KZE-Löser befindet sich mehr Kristallzucker als Wasser in der Mischung, als es der gewünschten Einfachsirupkonzentration entspricht. Die Größenverteilung der Zuckerkristalle ist bei einer konstanten Fahrweise konstant, d.h. von frisch zugeführten ungelösten Kristallen bis hin zu den nahezu vollständig aufgelösten Kristallen bleibt das Verhältnis zum umgebenden Einfachsirup konstant. Beim Anfahren muss sich dieses Verhältnis erst einstellen, sodass zunächst mit größeren Abweichungen, als es die Hersteller in ihren technischen Prospekten angeben, gerechnet werden muss. Je kleiner der Inhalt des Systems ist, desto höher ist der Anteil der ungelösten Zuckerkristalle in der Mischung und desto stärker reagiert das System mit Abweichungen der Einfachsirupkonzentration auf Veränderungen der Durchflussleistung. Die Regelung nach der Konzentration des abfließenden Einfachsirups ist sehr träge.
Da der KZE-Löser den zugeführten Zucker vollständig löst, hat er dieses Problem nicht. Da es technisch mit einem vertretbaren Aufwand nicht möglich ist, Zucker und Wasser mit einer Abweichung von unter 0,3% zu dosieren, wird eine höhere Einfachsirupkonzentration erzeugt. Entweder wird später durch eine kontinuierliche Zugabe von Wasser die Sollkonzentration eingestellt oder der Einfachsirup wird in der schwankenden Konzentration in geeigneten Mischeinrichtungen direkt zu Fertigsirup oder Fertiggetränk verarbeitet.
Vor etwa 10 Jahren betrachtete jemand fasziniert die ostfriesische Teezeremonie und erfand daraufhin einen entsprechenden Zuckerlöser. Der Zuckerlöser erinnert apparativ eher an einen Aktivkohlefilter und hat mit diesem auch den Düsenboden gemeinsam. Im "Ostfriesenlöser" wird Zucker im großen Überschuss von oben zugegeben, von unten fließt über den Düsenboden Kaltwasser in den Löser. Von der Durchflussleistung 0 bis zur Nennleistung erzeugt dieser Zuckerlöser immer (!) eine der Temperatur entsprechende gesättigte Zuckerlösung. Der Energieauswand ist extrem gering und es entstehen außer durch den zuführenden Zuckerförderer keinerlei Geräusche.
Währen des Betriebs befindet sich unterhalb und unmittelbar über dem Düsenboden reines Wasser. Darüber bildet sich eine Mischzone aus Wasser und Zuckerlösung, es ähnelt dem Bild, dass ein Taucher wahrnimmt, der in Mischzonen von Süß- und Salzwasser z.B. in einer Süßwasserhöhle mit Salzwassereinbruch taucht. Hierüber folgt eine trübe Zone mit zunehmender Trübung und Dichte. Diese Trübungs- oder Lösezone hat eine klar definierte obere Grenzfläche, die von einer Einfachsiruplösung gefolgt wird. Durch diese relativ klare Einfachsiruplösung sinken langsam einzelne Zuckerkristalle, die sich von der unteren Grenzfläche des scheinbar schwimmenden Zuckerbergs lösen, nach unten. Diese einzelnen Zuckerkristalle tauchen in die Trübungszone ein und werden auf dem Weg zum Grund durch das aufwärts fließende Wasser vollständig aufgelöst. Die Einfachsiruplösung fliest durch den "Zuckerberg" wie durch einen Kiesfilter und wird oben als gesättigter Einfachsirup entnommen.
Wenn der "Ostfriesenlöser" z.B. am Wochenende abgeschaltet wird, sinkt der "Zuckerberg" nach unten. Durch Diffusion löst sich Zucker und auch unter dem Düsenboden befindet sich nach längerer Stillstandszeit nun Einfachsirup. Wenn der Zuckerlöser wieder angefahren wird, liefert er von der ersten Sekunde an wieder hoch konzentrierten Einfachsirup. Nach relativ kurzer Zeit stellt sich wieder das oben beschriebene Gleichgewicht ein. Die Zuckerzuführung kann entweder stetig geregelt oder aber auch durch einfaches An- und Ausschalten des Zuckerförderers realisiert werden. Die Konzentration des Einfachsirups ist temperaturabhängig und äußerst konstant, sie schwankt nur im Verhältnis zur schwankenden Wasser- und Zuckertemperatur entsprechend langsam.
Abb.4 Prinzipskizze "Ostfriesenlöser"
Wer jetzt Science Fiction oder einen Aprilscherz vermutet, wird hoffentlich nicht enttäuscht; denn eine Technikumsanlage des "Ostfriesenlösers" ist tatsächlich gebaut worden und die oben beschriebenen Beobachtungen basieren vollständig auf dieser Versuchsanlage, die die theoretischen Überlegungen vollständig bestätigte. Aus verschiedenen Gründen wurde die Entwicklung nicht weiter verfolgt. Der Rechteinhaber hat durch Nichtbezahlung der Gebühr das Schutzrecht inzwischen verfallen lassen.
Eigentlich hätte der "Ostfriesenlöser" einen Umweltpreis und einen wohlklingenden Namen verdient. Falls kein Hersteller die Entwicklung zu Ende führt, kann er in einigen Dekaden jedoch neu erfunden werden.
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