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Raimund Kalinowski

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Nützliche Entscheidungen treffen

Planung einer CIP-Anlage

Fast jeder hat schon einmal folgende Situation erlebt: Man überholt auf der Bundesstraße mit den zulässigen 100 km/h zwei dicht hintereinander fahrende LKW; auf einmal sieht man Gegenverkehr und es schießt einem durch den Kopf, wenn man nun nicht handelt reicht es nicht mehr den Überholvorgang unbeschadet abzuschließen. Prinzipiell hat man drei Möglichkeiten, man fährt mit unveränderter Geschwindigkeit weiter und vertraut darauf, dass entweder der Gegenverkehr oder der LKW, der gerade überholt wird abbremst oder man bremst, um sich wieder hinter den LKW einzuordnen oder man beschleunigt auf eine nicht erlaubte Geschwindigkeit und schließt den Überholvorgang kontrolliert ab. Die erste Möglichkeit soll in einigen arabischen Staaten durchaus üblich sein, wo der mit den stärkeren Nerven solange Vorfahrt hat, bis er an jemanden gerät, der ebenso starke Nerven hat wie er selbst. Die meisten Mitteleuropäer würden die erste Möglichkeit vermutlich nicht wirklich in Erwägung ziehen. In der Fahrschule lernt man, dass der erste Gedanke meist der richtige ist. Wie kann das sein, meist hilft doch ein wenig nachdenken, um zu der richtigen Entscheidung zu gelangen? Im Normalfall lässt sich ein Unfall durch beherztes Beschleunigen ebenso vermeiden wie durch Abbremsen. Die Gefahr besteht somit einzig und allein darin, nicht oder zu spät eine Entscheidung zu treffen und gleichgültig welcher Gedanke einem zuerst in den Sinn kommt, wenn man ihn unverzüglich umsetzt, ist er der richtige.

Entscheidungsschwäche ist in unserer Leistungsgesellschaft ein Makel. Aber nur wenn das Resultat der Entscheidung keinen Einfluss für den Erfolg oder das Scheitern einer Sache hat, ist eine Entscheidung ohne Analyse der Sachlage sinnvoll.

Auf einigen Managersesseln sitzen inzwischen Vertreter der sogenannten „Gameboy-Generation“. Beim Computerspiel kann man relativ unbeschadet ein unkontrolliertes Risiko eingehen, denn wenn es nicht zum Erfolg führt, ist die Konsequenz nur, dass man das Spiel ein paar Schritte zuvor oder ganz vom Anfang fortsetzen muss. Zu ernsthaftem Schaden kommt jedoch keiner der Mitspieler, selbst wenn man mehrfach hintereinander grobe Fehlentscheidungen fällt. Im wahren Leben sind erfahrungsgemäß dauerhaft die erfolgreich, die Entscheidungen fällen, wenn ihnen etwa 80% der notwendigen Informationen vorliegen. Wobei Spieler, die auf volles Risiko gehen, eine überraschend lange Zeit erfolgreich sein können, wie die aktuelle Krise der Finanzmärkte zeigt.

Es gibt Leute, die sind der Überzeugung, dass jemand der eine Produktions-Anlage cip-fähig ausführen kann, den gesamten Prozess beherrscht. Diese Schlussfolgerung ist meist ebenso falsch, wie die Annahme, dass der, der den (Herstellungs-)Prozess beherrscht, auch wissen muss wie die Anlagentechnik optimal ausgeführt wird.

Häufig werden auch große, komplexe Anlagen nicht mehr vom klassischen Anlagenbauer sondern von Montagefirmen, die sich Anlagenbauer nennen, geplant und gebaut. Die Planungstiefe ist dabei im allgemeinen gering und beschränkt sich primär auf die Rohrleitungsplanung, die die Wünsche des Anlagenbetreibers weitgehend berücksichtigt. In den meisten Fällen führt diese Vorgehensweise zu einem Ergebnis, mit dem alle Beteiligten leben können. Große Teile der Planung werden vor Ort zwischen dem Bauleiter und dem Anlagenbetreiber „situativ“ oder wie man in der DDR sagte „operativ“ entschieden. Das sind dann die Lösungen, bei denen der Monteur Monate später noch ganz genau weiß, das er jemanden gefragt hat und dieser „jemand“ ihm genau diese hier ausgeführte Lösung vorgeschrieben hat. Selbstverständlich weiß er nicht mehr genau wen er gefragt hat und die „Entscheidung“ wurde auch nicht dokumentiert, aber irgendwie wird man trotzdem mit dieser Lösung leben werden.

Warum gehen viele Brauereien nicht mehr den Weg über einen klassischen Anlagenbauer? Ist es der „geiz ist geil“-Gedanke, will man die Kosten des Anlagenbauers einsparen? Selbstverständlich hat es Vorteile bei einem bedeutenden Anlagenbauer zu kaufen, insbesondere wenn man vorher die gewünschte Funktion präzise spezifiziert hat. In den allermeisten Fällen bestellt der Anlagenbetreiber aber keine Funktion sondern einzelne Bauteile und Montageleistungen und hofft, dass durch ein fachmännisches Zusammenfügen der bestellten Bauteile und sonstigen Leistungen sich die Funktion ergibt, die er erwartet. Je nach Spezifikation bekommt er auch vom etablierten Anlagenbauer nicht das, was er eigentlich erwartet hat. Bei den reinen Produktionsvorgängen hat der Anlagenbetreiber meist eine klare Vorstellung davon wie die Anlagenteile untereinander verbunden werden sollten. Grundlage hierfür sind persönliche Erfahrungen. So findet man gelegentlich die Forderung, das diese oder jene Ausführung nicht gewünscht sei, da der Anlagenbetreiber hiermit in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hat.

Die Reinigungsfähigkeit einer Anlage wird meist nicht oder nur mit einem Satz, wie etwa „die Anlage wird komplett cip-fähig ausgeführt“, spezifiziert. Es kann nur dringend empfohlen werden, sämtliche Wünsche, die die Funktion, die technische Ausführung oder Auswahl der Komponenten betreffen, schriftlich und eindeutig zu fixieren. Floskeln wie „oder gleichwertig“ sind zu vermeiden und zulässige Alternativen genau zu spezifizieren. Auch die Nennung eines Herstellers reicht meistens nicht aus, da zahlreiche namhafte Hersteller inzwischen unterschiedliche Baureihen anbieten, um den low cost Markt nicht kampflos einigen „Discountern“ zu überlassen. Im allgemeinen zahlt man eben nicht den Premiumpreis nur für den Marken-Namen sondern bekommt bei vielen Bauteilen für einen anderen Preis auch tatsächlich eine andere Funktion geliefert.

Gefährlich wird es, wenn ein Bauleiter Suggestivfragen stellt, die als solche nicht sofort zu erkennen sind. Eine Frage wie: „Spricht etwas dagegen, wenn wir den Ventilblock am Hallenraster ausrichten?“ klingt harmlos. Die Folgen einer auch nur im entferntesten als Zustimmung interpretierbaren Antwort können für die Reinigungsfähigkeit der Anlage verheerende Folgen haben. Wenn jemand die Verantwortung für etwas, wie z.B. der Planung übernommen hat, sollte man sich vor einer Rückdelegation durch Suggestivfragen hüten und klar zum Ausdruck bringen, dass man die gerade gestellte Frage nicht beantworten kann, da man nicht alle Details der Planung kenne!

Es gibt kaum ein Bauvorhaben mit mehr und schwieriger zu definierenden Schnittstellen als eine CIP-Anlage oder eine cip-fähige Produktionsanlage.

Grundsätzlich sind Fragen zur Betriebssicherheit und zum Automatisierungsgrad eindeutig zu definieren. Vermischungssicherheit hat nichts mit der Betriebsgröße zu tun. Es gibt z.B. kein Gesetz, das es toleriert, wenn kleine Betriebe ihre Kunden ein klein wenig vergiften.

Im Idealfall wird im Vertrag ausschließlich die Funktion einer Anlage definiert. Dieser Idealfall ist aber praktisch nie realisierbar. Der Lieferant besteht im Allgemeinen darauf, dass bestimmte Bauteile spezifiziert werden.

Doppelsitzventile stellen noch immer die technisch sauberste Lösung dar einen vermischungssicheren Betrieb zu gewährleisten. Eine block and bleed Lösung mit Zwischenflanschscheibenventilen ist ebenfalls automatisierbar und insbesondere bei kleinen Nennweiten möglicherweise eine wirtschaftliche Alternative zu Doppelsitzventilen. Doppeldichtventile sind ebenso wie radial dichtende Doppelsitzventile ohne Balancer nicht druckstoßsicher und dürfen deshalb nur an einem Tankauslauf in Auslaufrichtung eingesetzt werden. Dies klingt profan, wird aber, seit es diese Ventile gibt, sehr häufig missachtet. Betreibern ist die Einschränkung der Einbaumöglichkeiten meist nicht bewusst und die meisten Hersteller verschleiern diesen Umstand.

Eine der größten Unsicherheiten betrifft die Tankreinigung. Es ist keine Philosophiefrage ob man Zielstrahlreiniger oder Sprühkugeln einsetzen sollte sondern meistens eine technisch-wirtschaftliche. Das erste Ziel ist es, die Reinigungsflüssigkeit auf die Tankwandung zu bekommen. Je nach Qualität der Sprühkugel fällt ein mehr oder weniger großer Teil direkt in Richtung Tankauslauf, ohne die Tankwandung wirklich berührt zu haben. Ein Zielstrahlreiniger bietet hier Vorteile. Sprühkugeln können bis zu Tankdurchmessern von etwa 8 m eingesetzt werden, was für die meisten Brauereien ausreichend ist. Vielen ist nicht bewusst, dass nicht nur Zielstrahlreiniger sondern auch Sprühkugeln einen bestimmten Druck benötigen. Wenn der Druck zu hoch ist, vernebelt eine Sprühkugel die Flüssigkeit. Der vom Hersteller angegebene Sprühkreis gilt nur, wenn die entsprechenden Drücke eingehalten werden. In der Praxis wird jedoch nicht der Druck sondern der Durchfluss geregelt, den die Hersteller der Sprühkugeln ebenfalls angeben. Beim angegebenen Druck ergibt sich dann der vorgeschriebene Druck.

Falls ein Tank inklusive der Sprühkugel gekauft wird, wählt gewöhnlich der Tankbauer die Sprühkugel aus. Obwohl der Kunde einen Rechtsanspruch auf eine Bedienungsanleitung hat, wird in den meisten Fällen ein Tank ohne eine solche Anleitung ausgeliefert und die Spezifikation der Sprühkugel bleibt dem Kunden verschlossen oder er muss sich die Type aus der Stückliste heraussuchen. Da Zielstrahlreiniger nicht als unwichtige Bauteile sondern als Maschinen angesehen werden, wird üblicherweise mit jedem Zielstrahlreiniger auch einen Bedienungsanleitung ausgeliefert. Ein Vorteil der Zielstrahlreiniger, die wesentlich kleinere Flüssigkeitsmenge und damit verbunden die wesentlich leichtere Abführung der CIP-Flüssigkeit aus dem Tank, kann auch ein Nachteil sein, wenn der Tank eine ungünstige Oberfläche aufweist. Tanks die innen nicht gradlinig glatt sind, lassen sich mit großen Reinigungsmengen leichter reinigen als mit Zielstrahlreinigern und kleinen Reinigungsmengen.

Abb. 1 zeigt die Angaben, wie sie im Katalog eines bedeutenden Herstellers von Sprühkugeln stehen. Die Anschlussmaße zeigen, dass sie für das aktuelle Rohr nach DIN 11850 Reihe 2 gedacht sind; dies ist nicht bei allen Herstellern der Fall, häufig werden Sprühkugeln für Reihe 1 oder nicht DIN-konforme Rohre angeboten. Reihe 1 weist in den Nennweiten 25 und 50 nur eine Materialstärke von 1 mm auf und ist das typische Rohr für Einwalzverbindungen, die in der Brauerei seit über 20 Jahren kaum noch gebräuchlich sind.

Überraschen mögen die Strömungsgeschwindigkeiten am Eintritt der Sprühkugel, 10 m³/h entsprechen bei der DN 25 Kugel 5,23 m/s (entsprechend einem Druckverlust von 0,1 bar pro m Rohr), die 21 m³/h in der Tabelle ergeben 11 m/s (entsprechend einem Druckverlust von 0,4 bar pro m Rohr), bei der DN 50 Kugel ergeben sich ebenfalls hohe Werte von 4,24 m/s bei 30 m³/h und von 5,8 m/s bei 41 m³/h. Insbesondere bei den DN 25 Sprühkugeln muss der Druckverlust in der zuführenden Rohrleitung berücksichtigt werden. In der Regel wird die zuführende Rohrleitung größer ausgeführt, als der Sprühkugelanschluss und erst unmittelbar vor dem Tankanschlussstutzen auf z.B. DN 25 reduziert. Auf keinen Fall dürfen lange Zuführleitungen in DN 25 ausgeführt werden.

Um die in den Tank eingebrachte CIP-Flüssigkeit abzuführen, werden meistens Kreiselpumpen als Seitenkanalpumpen (Abb.2) oder spezielle Kreiselpumpen, die in der Lage sind eine gewisse Menge Luft zu tolerieren (Abb. 3), eingesetzt. Je nach Tankgeometrie und CIP-Rückführung kann es notwendig sein, den CIP-Vorlauf regelmäßig abzuschalten, um im Tank keinen zu großen Sumpf entstehen zu lassen. Hierdurch steigt die CIP-Dauer an.

Die Bedeutung der Fließgeschwindigkeit in Rohrleitungen wird häufig überschätzt. In realen Rohrleitungen herrscht ab etwa 0,3 m/s eine turbulente Strömung vor, die Voraussetzung für eine akzeptabele Reinigungswirkung ist. Bei zu geringen Strömungsgeschwindigkeiten können sich jedoch Feststoffe absetzen. Ab etwa 1,6 m/s kann sichergestellt werden, dass in der Brauerei vorkommende feste Verschmutzungen mitgefördert werden, sodass diese Fließgeschwindigkeit nicht unterschritten werden sollte. Höhere Strömungsgeschwindigkeiten schaden jedoch nicht. Ab etwa 3,5 m/s ist mit Strömungsgeräuschen zu rechnen, die jedoch in der Brauerei kaum stören sollten. Sofern die Rohrleitungen nicht zu lang sind, bleiben bei Strömungsgeschwindigkeiten bis etwa 5 m/s auch die Druckverluste noch in einem erträglichen Rahmen.

Bei jeder Veränderung der maschinellen Ausrüstung einer Brauerei ist die CIP-Reinigung zu berücksichtigen. Man sollte vermeiden Verantwortung zu übernehmen, die besser beim Lieferanten aufgehoben ist. Hierfür ist es notwendig, die Funktionen bezogen auf die CIP-Reinigung und die Schnittstellen zu spezifizieren. Insbesondere manuelle und automatisierte Vorgänge sollten zusammen mit dem Lieferanten festgelegt werden, sonst findet sich später ein Probenahmeventil, das manuel geöffnet werden muss oder wenn vorgeschrieben wird, dass Probenahmeventile automatisch durch die Steuerung zu öffnen sind, fehlen die Probenahmeventile komplett, wenn versäumt wurde ihre Anzahl und Funktion festzulegen. Den Ort der Probenahmeventile sollte man weder im Fließschema noch räumlich sondern funktionell beschreiben. Sicherlich klingt dies umständlich, aber fast jeder kennt Probenahmeventile, die nur mit einer Leiter oder von Schlangenmenschen zu erreichen sind. Auch die elektro-pneumatische Installation kann Probenahmeventile in ihrer Zugänglichkeit und damit in ihrer Funktion beschneiden. Wenn man die Funktionen sauber beschrieben hat, hat es Vorteile, wenn die Verantwortung der mechanischen und der elektro-pneumatischen Installation in einer Hand liegt. Wenn neben den gewünschten Funktionen auch die Schnittstellen eindeutig festgelegt wurden, muss man sich nur noch davor hüten, Entscheidungen zu treffen die einem selbst nicht nützlich sind.

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© 2004 by Raimund Kalinowski