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Raimund Kalinowski

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Betriebstechnik - Was ist das, wofür braucht man das?

- Eine Betrachtung mit dem Ziel Kosten einzusparen -

Es ist schon ein wenig verwunderlich, dass das Wort Betriebstechnik in vielen Branchen eine vollkommen unterschiedliche Bedeutung zu haben scheint. Betriebswirtschaftler, Elektrotechniker und Fahrstuhlbauer haben hier ihre eigenen Definitionen.

Im Bereich der Lebensmittel- und Getränkebetriebe zählt man üblicherweise zur Betriebstechnik all das, was nicht direkt zur
· Herstellung,
· Behandlung und
· Verpackung
des Produktes, das als Hauptunternehmenszweck ausgewiesen ist, benötigt wird.

Wer jetzt sagt, das sei doch klar, der hat dem Verfasser einiges voraus, da sich nach dieser Definition nicht alle Maschinen und Anlagenteile eindeutig zuordnen lassen. Bei einigen Bereichen hingegen ist es eindeutig.

Die Trafostation z.B. wird man unzweifelhaft der Betriebstechnik zuordnen. Daraus folgend, könnte man den elektrischen Strom als ganzes zur Betriebstechnik rechnen, damit würden auch elektrische Sicherungen und Schalter dazu zählen. Wenn es um einen Lichtschalter geht, mag man noch zustimmen, wenn es sich aber um den Schalter einer Produktionsmaschine handelt, dann wohl eher nicht.

Üblicherweise zählen zur Betriebstechnik
· Wasserver- und Entsorgung
· Kälte
· Wärme
· Druckluft
· Haustechnik

Wenn man diese klassische Aufteilung sieht, wird es immer wieder zu Grenzbereichen kommen, die man nicht klar zuordnen kann. Man fragt sich nun vielleicht, welche Vorteile eine Zuordnung bringt?

Wenn man etwas verbessern will, muss man zuerst das Potential erkennen. Hierfür ist zunächst eine Analyse des Soll- und des Ist-Zustandes notwendig. Analyse bedeutet hier das aufteilen in kleine, handliche Bereiche, die man für sich alleine betrachtet, problemlos überschauen kann. Jedoch ist es häufig sinnvoller Prozesse oder Funktionen anstelle von Bereichen auf den Prüfstand zu nehmen.

Diese Vorgehensweise ist nicht neu, jeder der sich mit Qualitätsmanagement beschäftigt, kennt sie. Sie ist aber zunächst unbequem, da sie häufig nicht in vorhandene Schemen und Kostenstellen passt.

Der erste Schritt ist nun erst einmal Potentiale zu erkennen. Wenn die Hausfrau das Pfund Salz beim Discounter kauft, weil es dort 80% billiger ist als beim Tante Emma Laden um die Ecke, ist das Einsparpotential bei der Position Salz zwar 80%, bezogen auf die Gesamtausgaben eines Haushaltes aber kleiner als 0,01% und geniest damit keine hohe Prioritätsstufe.

Wenn man sich nun seine Ausgaben ansieht und diese nach der Höhe der Rechnungssummen sortiert, wird man im oberen Bereich z.B. Rechnungen für Strom und Gas aber auch für Reinigungsmittel, Wasser-/Abwasser oder für Leergut finden.

Jeden dieser Bereiche kann und sollte man individuell durchleuchten. Auch der Bereich Leergut eignet sich hierfür hervorragend. Das Argument, man würde sehr viel Fremdleergut von verantwortungslosen Wettbewerbern, die extrem schlechtes Leergut in den Markt bringen, von den Handelsketten zurück bekommen, ist bei näherer Betrachtung vollkommen unhaltbar. Der Bereich Leergut zählt jedoch sicher nicht zur Betriebstechnik, deshalb soll er hier nicht weiter betrachtet werden.

Die Elektrizitätsrechnung eignet sich für eine beispielhafte Darstellung besonders gut, da elektrischer Strom im gesamten Betrieb verwendet wird.

Die Zuordnung des Stromverbrauches ist natürlich am einfachsten, wenn eine ausreichend große Anzahl an Messgeräten installiert ist. Leider werden Strom und Wasserzähler noch häufiger als geeignete Probenahmeventile „vergessen“. Man kann sich jedoch behelfen, z.B. über eine Leistungsmessung und eine Hochrechnung über die Betriebsstunden, dies funktioniert z.B. bei Druckluftkompressoren mit einer ausreichenden Genauigkeit. Andere Bereiche kann man eventuell durch Differenzmessungen erfassen. Bei Differenzmessungen sollten man sich jedoch niemals auf Einzelmessungen verlassen, da es häufig schwierig ist, die Richtigkeit des Ergebnisses direkt zu erkennen. Dies soll an einem kleinen Beispiel erläutert werden: Es wird der Stromverbrauch gemessen, während alle Abteilungen des Betriebes arbeiten, eine zweite Messung findet während der Frühstückspause statt, bei der alle Abteilungen mit Ausnahme der Abfüllung nicht arbeiten, die Abfüllung macht versetzt Frühstückspause und schaltet die Anlagen nicht ab, während der Mittagspause steht nun auch die Abfüllung. Wenn man nun annimmt, die Differenz zwischen Frühstücks- und Mittagspause ist die Abfüllung und die Differenz zwischen der Messung vor der Frühstückspause und in der Frühstückspause sei die Produktion, kann man sich deutlich irren. Große Verbraucher die keinen kontinuierlichen Stromverbrauch haben, wie z.B. Druckluft- oder Kältekompressoren können das Ergebnis bis zur Unbrauchbarkeit verfälschen.

Während der Analyse eines Großbetriebes wurde festgestellt, dass die Leistungsspitze während der Frühstückspause lag, was zunächst unerklärlich schien. Nachdem jedoch die Information hinzukam, dass die Büroangestellten ihre Frühstückspause direkt im Anschluss an die Produktion hatten, war die Erklärung bald gefunden. Über 100 Kaffeemaschinen, meist die von der preiswerten Sorte vom Discounter mit Warmhalteplatten, waren pünktlich ab etwa 5 bis 10 Minuten vor der Frühstückspause im Einsatz. Hier Verbote auszusprechen oder gar Steckdosen mit 3 Ampere abzusichern, bringt hier wenig. Der Betrieb tauschte die Kaffeemaschinen kostenlos gegen solche mit Thermoskanne aus und bot in bestimmten zentralen Bereichen kostenlos Kaffee an. Die Aktion, die natürlich von den Mitarbeitern äußerst positiv aufgenommen wurde, amortisierte sich in weniger als 3 Monaten.

Die installierte Leistung als Verbrauch anzunehmen, ist übrigens für diese Betrachtungen unbrauchbar, da die Auslegung von Antriebsmotoren häufig sehr großzügig erfolgt. Die Leistungsaufnahme kann entweder direkt gemessen oder durch eine Strom- und Spannungsmessung errechnet werden. Bei Drehstrommotoren wird wie folgt umgerechnet:
Leistungsaufnahme = Strom (A) * Spannung (V) * * cos f

Wichtig bei allen Betrachtungen ist, dass die gefundenen Werte abgesichert sind und dass nicht große, unklare Posten übrig bleiben.

Wenn man nun jeden Prozess oder jede Funktion für sich betrachtet, stellt man fest, dass meist mehrere Kostenarten und auch andere Einflüsse zu berücksichtigen sind. Bevor man in die Euphorie des Sparens verfällt, sollte man die qualitativen Anforderungen quantifizieren.

Dies soll an 2 Prozessen beispielhaft dargestellt werden:

1. Reinigung:
Wie jeder weiß ist der Reinigungsprozess abhängig von:
· Zeit
· Chemie (Art und Konzentration der eingesetzten Reinigungsmittel)
· Temperatur
· Mechanik

Die Reinigungsprozesse sind sehr selten nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten optimiert. Jedoch bevor man mit dem Optimieren anfängt, ist das Prozess-Ergebnis messbar zu definieren, d.h. im Allgemeinen:
· keine visuell erkennbaren Anhaftungen (nach jedem einzelnen, aber auch nach mehreren Reinigungszyklen),
· mikrobiologischer Befund im letzten Spülwasser entsprechend der (QS-) Vorgabe
· letztes Spülwasser im Rücklauf frei von unzulässigen Rückständen an Reinigungsmitteln oder sonstigen Fremdstoffen (Trinkwasserqualität)
· Materialschädigung (bzw. -abtrag) so gering, dass die angenommene Nutzungsdauer nicht negativ beeinflusst wird,
· Reinigungsdauer so, dass der Produktionsablauf nicht mehr als tolerabel beeinflusst wird (in der Praxis wird man hier eine konkrete maximale Reinigungszeit eintragen)

Selbstverständlichkeiten, wie z.B. dass man die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten hat, gehören nicht dazu. Ebenso grundsätzliche, allgemein bekannte Entscheidungen der Unternehmensführung (z.B. weil sie in den Unternehmensleitlinien festgeschrieben sind) wie z.B. kein Einsatz von bestimmten Stoffen, müssen nicht noch einmal spezifiziert werden.

Wenn man dann eine qualitativ akzeptable Lösung ausgewählt hat, die die Wirtschaftlichkeit verbessert, sollten vor der Umsetzung trotzdem alle Abteilungen informiert werden und eine Frist genannt bekommen, in der sie widersprechen dürfen, denn bestimmte Einflüsse, etwa auf bestehende Haftpflicht- oder Feuerversicherungen werden die Fachabteilungen, die die neuen Reinigungsvorschriften genehmigen, nicht überblicken können.

2. Beleuchtung:

Der Verfasser hat einmal eine Brauerei besucht, in der Leuchten für jeweils 2 Leuchtstoffröhren montiert waren, in denen sich jedoch immer nur eine Leuchtstoffröhre befand. Man hatte so die Stromkosten reduziert ohne vorher die Funktion festzulegen. Beleuchtung bedeutet im Allgemeinen, dass in bestimmten Bereichen eine bestimmte
· Helligkeit mit einer bestimmten
· Farbtemperatur herrschen sollte.
Hier gibt es entsprechende Richtlinien und umfangreiche Untersuchungen der Berufsgenossenschaften. In der Praxis wird in der Getränkeindustrie die Beleuchtung nach „Gefühl“ ausgewählt. Die Farbtemperatur wird selten beachtet, obwohl sie für das Wohlbefinden der Mitarbeiter und somit für die Arbeitshygiene immens wichtig ist. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind die Einschalthäufigkeit und die durchschnittliche Einschaltdauer elementar.

Jeder kennt Natriumdampflampen z.B. von der Straßenbeleuchtung her. Sie haben eine Startphase von einer viertel Stunde und einen sehr hohen Wirkungsgrad, sind somit für lange Einschaltdauern und wenige Schaltzyklen konstruiert. Bei LED-Leuchten, die z.B. als Orientierungslicht oder zur Prozessbeleuchtung eingesetzt werden, kann es sein, dass ein Schalter teurer ist, als der Energieverbrauch während der gesamten Nutzungsdauer der Leuchte. Leuchtstoffröhren oder Energiesparlampen haben eine Startphase, in der der Energieverbrauch und der Verschleiß deutlich höher sind, als während des Betriebes. In Toilettenräumen kann es somit z.B. günstiger sein, normale Glühfaden Lampen anstelle von Leuchtstoffröhren zu installieren, falls das Licht laufend ein und ausgeschaltet wird..

Insbesondere bei der Beleuchtung ist die Gefahr groß, dass das „Energieeinsparungsteam“ an den Amortisationszeiten scheitert. Der Austausch von vorhandenen Leuchten, gegen solche mit geringerem Energieverbrauch, rentiert sich meist erst nach vielen Jahren. Wenn jedoch neu gebaut wird und nur die Differenz der Anschaffungskosten zu berücksichtigen ist, sind energieeffiziente Beleuchtungen häufig sehr wirtschaftlich. Dieser Punkt ist ganz besonders wichtig, wenn solche Bereiche über Ausschreibungen vergeben werden, da sonst der ausführende Betrieb nur nach den Investitionskosten entscheidet.

Die vorangegangenen Betrachtungen sollten das prinzipielle Vorgehen veranschaulichen. Konkret sollen nachfolgend bestimmte Bereiche in Form einer Checkliste angeschnitten werden.

Abb. 1 Beleuchtung in Afrika

Abb. 2 Beleuchtung in Deutschland

Wasser / Abwasser
In welchen Bereichen wird welche Wasserqualität benötigt? Ist eine Auftrennung des Wassernetzes möglich? Kann mit einer Regenwassersammelanlage z.B. die Toilettenspülung oder die Grünflächenbewässerung durchgeführt werden? Gibt es hierfür eventuell Zuschüsse (nicht nur aus Umweltschutztöpfen sondern eventuell auch als Hochwasserschutz)?
Kann durch ein Misch- und Ausgleichsbecken oder eine Vorklärung die Abwasserbelastung reduziert werden? Ist es möglich Getränkereste (z.B. aus der Restentleerung der Waschmaschine) getrennt abzuführen? Häufig nehmen Kläranlagen dieses hoch konzentrierte Abwasser sehr gerne in Tankwagen an, um die Schutzfracht zur Steuerung ihrer Anlagen gezielt erhöhen zu können. Falls diese Möglichkeit nicht besteht, könnte aber für die Behandlung der Getränkereste eine anaerob betriebene Kläranlage in Frage kommen.

Kessel
Die Entscheidung für Dampf- oder Warmwasserkessel lässt sich im nachhinein, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, kaum noch korrigieren. Viele Betriebe haben falsche Vorstellungen vom Wirkungsgrad ihrer Kesselanlage, meist wird der Brennerwirkungsgrad dem Kesselwirkungsgrad gleichgesetzt. Bei der näheren Betrachtung sind die Betreiber insbesondere von Schnelldampferzeugern häufig erschüttert, wenn sie den wahren Wirkungsgrad erfahren. Bevor der Brenner zündet, müssen die Züge gelüftet werden, um eine Verpuffung zu vermeiden. Hierbei wird, falls der Kessel nicht bereits vollkommen ausgekühlt ist, Wärme abgeführt, d.h. jedes Einschalten des Kessels verringert seinen Gesamtwirkungsgrad.

Transformatoren
Strom auf Mittelspannungsebene einzukaufen und eine eigene Trafostation zu betreiben ist häufig günstiger, als Niederspannung zu beziehen. Auch um das Brummen des Trafos zu erzeugen, ist Energie notwendig. Viele Betreiber eigener Trafostationen haben sich noch nie mit dem Wirkungsgrad des Trafos beschäftigt, häufig lässt sich für relativ geringe Kosten der Wirkungsgrad erhöhen, wenn durch einen zusätzlichen Transformator die Leistung des vorhandenen Transformators reduziert wird.

Pumpen
Scheinbar beschäftigt sich kaum jemand mit den hydraulischen Eigenschaften einer Pumpe. Mit geschmiedeten oder gegossenen Gehäusen sind Wirkungsgrade um etwa 10 % oberhalb von tiefgezogenen Gehäusen möglich. Durch einen Spiral- statt einem Ringkanal sind ebenfalls etwa 10% bessere Wirkungsgrade zu erzielen. Höhere hydraulische Wirkungsgrade bedeuten normalerweise auch eine höhere Produktschonung.

Abb. 3 Ring- und Spiralgehäuse

Wärmeübertrager
Höhere Wirkungsgrade bedeuten größere Wärmeübertragungsflächen. Daraus folgen größere und teurere Apparate mit einem größeren Füllvolumen. Durch das größere Füllvolumen sind größere Mischphasen mit entsprechenden Produktverlusten zu akzeptieren. Auch hier ist das Optimum durch die Betriebsbedingungen zu ermitteln, je länger ein Produkt ohne Zwischenspülen behandelt wird, desto wirtschaftlicher ist ein besonders hoher thermischer Wirkungsgrad.

Getriebemotoren
Insbesondere im Abfüllbereich, als Antriebsmotoren der Transporteure, findet man Getriebemotoren, die meist als Stirnradgetriebemotoren bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich um Schneckengetriebe mit eher geringem Wirkungsgrad. Bei einer Neuanschaffung lohnt es sich fast immer, ein wirkungsgradstärkeres Getriebe zu wählen.

Diese Auswahl kann natürlich nicht mehr als ein Denkanstoß sein. Durch die Belastung des Tagesgeschäftes und durch Einsparungen im Personalbereich fehlt es dem Techniker jedoch häufig an der Zeit, sich nach dem Geld zu bücken, das direkt vor ihm liegt.

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© 2004 by Raimund Kalinowski