Entwicklung
noch nicht abgeschlossen - Hefebehandlung aber wie?
Viele
Jahre lang stritten sich Skispringer darüber, ob man nun
weiter flöge, wenn man die Arme ausstrecken oder eng an
den Körper anlegen würde. Es schien eine Philosophiefrage
zu sein, da man durch praktische Versuche zu keinem eindeutigen
Ergebnis kam. Später konnte man durch Versuche im Windkanal
eindeutig die bessere Methode identifizieren. Glücklicherweise
war die Umstellung auf die bessere „Technologie“
mit keinerlei Investitionskosten verbunden, da die Arme der
Skispringer für beide Sprungpositionen gleichermaßen
gut geeignet waren.
Bei
der Behandlung der Hefe werden verschiedene Technologien angewandt.
Der Verfasser möchte nun nicht Partei für die eine
oder andere Verfahrensweise ergreifen, sondern stellt hier sogar
noch eine „eigene“ Methode der Hefevermehrung vor.
Dies aber nicht um eine neue Sekte anzuführen, sondern
um aufzuzeigen, dass die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen
ist.
Sehr
komplexe, mit der Zeit gewachsene Systeme sind selten optimal.
Wer versucht die Flexibilität einer „Schlauchlösung“
in eine Festverrohrung zu übertragen, baut mögliche
Betriebszustände und damit verbunden auch Armaturen ein,
die für die notwendigen Funktionen überflüssig
sind.
Ständiger
Gebrauch sämtlicher Bauteile
Die
ideale maschinelle Einrichtung sollte so einfach zu verstehen
sein, wie die Position der Arme beim Skispringen. Gleichgültig
welche Technologie man einsetzt, alle Bauteile sollten beim
bestimmungsgemäßen Gebrauch stets zum Einsatz kommen.
Diese Forderung ist scheinbar nicht einfach zu erfüllen,
denn viele ausgeführte Anlagen verfügen über
Rohre und Ventile, die sehr selten oder nie zum Einsatz kommen.
Bei
der Hefebehandlung unterscheidet man folgende Verfahrensschritte:
· Hefeernte,
· Hefeaufbewahrung von der Ernte bis zum Anstellen,
· Hefegabe oder Anstellen sowie
· Hefevermehrung (Reinzucht).
Zeitweise
kann man den Eindruck gewinnen, dass es sich bei einigen Betrieben
nicht mehr um eine Brauerei, sondern um eine Hefefabrik handelt.
Hefe braucht zum Wachstum Energie. Diese in Form von Extrakt
zur Verfügung gestellte Energie, könnte statt Abfallhefe
auch Bier werden. Jeder Brauer muss natürlich für
sich selbst die Frage beantworten, wie oft er untergärige
Hefe führen will.
Häufigkeit der Hefeführung
Üblicherweise
wird die Hefe in den meisten Betrieben mehr als einmal geführt.
Mikrobiologische Kontaminationen sollten heute eigentlich nicht
mehr der Grund sein, die Hefe verwerfen zu müssen.
In
der Literatur findet man Angaben über die Mutationsrate
und die damit verbundenen möglichen Veränderungen
der Gäreigenschaften. Aus Vorsicht heraus begrenzen deshalb
viele Brauer die Anzahl der Führungen ohne wirklich eigene
negative Erfahrungen gemacht zu haben. Es gibt aber auch große,
namhafte Brauereien, die die untergärige Hefe weit über
30 mal führen.
Für
eine maximale Gleichmäßigkeit der Qualität ist
es zumindest theoretisch sinnvoll, ausschließlich mit
Reinzuchthefe bzw. einer frisch hergeführten Hefe anzustellen.
Es gibt Brauer, die ausschließlich frisch hergeführte
Hefe verwenden. In diesen Betrieben findet selbstverständlich
weder eine Hefeernte noch eine Hefeaufbewahrung statt.
Der
selbst auferlegte Anspruch, eine technische Ausrüstung
zu beschreiben, die möglichst technologieunabhängig
ist, gebietet jedoch auch die Bereiche Hefeernte und Hefeaufbewahrung
zu behandeln und zwar für die Brauer, die die Hefe mehrmals
führen. Sinnvollerweise sollte die Hefe so aufbewahrt und
behandelt werden, dass möglichst immer dieselben Bedingungen
beim Anstellen vorliegen.
Zylindrokonische
Gärtanks
Üblicherweise
werden für die Hauptgärung zylindrokonische Gärtanks
mit Konuskühlung eingesetzt. Der Sudbetrieb findet meist
nur an Werktagen statt. Für die nachfolgenden Betrachtungen,
wird dies als gegeben angenommen.
Kurz
nach der Befüllung sinken Trubpartikel zu Boden und sammeln
sich im Konus. Es gibt Brauer, die diese Trubpartikel ablassen.
Falls dies nicht der Fall ist, werden sie während der Hauptgärung
zum großen Teil wieder aufgewirbelt und setzen sich nicht,
wie in manchem Lehrbuch dargestellt und wie es vielleicht wünschenswert
wäre, an der untersten Stelle des Konusses wieder ab.
Nach
abgeschlossener Hauptgärung sinkt ein Großteil der
Hefe in den Konus ab. Üblicherweise wird die Hefe unmittelbar
vor dem Schlauchen, dass heißt nach erfolgtem Diacethylabbau,
geerntet.
Steuerung der Hefeernte
Sofern
die Hefeaufbewahrung nicht in höhergelegenen Stockwerken
stattfindet, wird für die Ernte keine Pumpe sondern nur
ein Regelorgan benötigt. Da die Viskosität während
der Ernte nicht konstant ist und für ein Regelorgan üblicherweise
der Durchfluss als Führungsgröße gemessen wird,
hat sich in der Praxis der Einsatz von zwangsfördernden
Pumpen durchgesetzt. Diese zwangsfördernden Pumpen werden
auf einen Stellwert gesetzt und nicht geregelt. Da die Pumpen
im gefluteten Zustand auch saugen können, ergibt sich ein
relativ gleichmäßiger Volumenstrom. Bei Einsatz eines
Ventiles als Regelorgan, ist meist zu Anfang der Hefeernte der
Durchfluss sehr gering. Als Regelorgan bieten sich hier z.B.
hygienische Kugelventile mit Spülanschlüssen und elektrischem
Antrieb an, die dann über Auf-Neutral-Zu-Regler gesteuert
werden. Auch wenn hiermit die Hefeernte eventuell länger
dauert, ist es eine sehr betriebssichere und auch preiswerte
Lösung einer automatisierten Hefeernte.
Temperaturunterschiede
trotz Konuskühlung
Die
Temperatur der Hefe während der Ernte kann sehr unterschiedlich
sein. Je nach Geometrie der Tanks und angewandter Gärungstechnologie,
können trotz Konuskühlung Temperaturunterschiede von
über 20 K auftreten. Möglicherweise ist die Beeinflussung
der Gäraktivität durch diese sehr unterschiedlichen
Temperaturen größer, als die Unterschiede die man
in verschiedenen Schichten im Konus nachweisen kann. Selbst
bei sehr langsamer Hefeernte ist ein gewisser Kernfluss nicht
zu vermeiden, dass heißt, ein wirklich schichtweises Abziehen
der Hefe ist kaum möglich. Wenn man die Hefe sehr langsam
abzieht oder zwischendurch Pausen einlegt, hat die Hefe eine
Chance nachzurutschen. Falls man feststellt, dass z.B. bestimmte,
trennbare Schichten der Hefe oder Bereiche mit deutlich anderer
Temperatur veränderte, nicht reversierbare Gäreigenschaften
aufweisen, wäre es sinnvoll, wenn man automatisch, nach
klaren Kriterien, wie z.B. Temperatur oder Menge, zwischen Erntehefe
und Abfallhefe umschalten könnte. Eine solche Wegeumschaltung
hygienisch richtig zu gestalten, ist nicht ganz einfach.
Eine
andere Möglichkeit der Hefeernte, ist die Hefeernte mit
einer Zentrifuge. Von der Gleichmäßigkeit der geernteten
Hefe ist eine Separatorhefe nicht zu überbieten. Ausschließlich
für die Hefeernte wird sich vermutlich niemand einen Separator
anschaffen. Weiterführende Hinweise zum Separator würden
an dieser Stelle zu weit führen.
Die
Hefe befindet sich bis zur Hefeernte unter anaeroben Bedingungen.
Es sollten die technischen Vorraussetzungen bestehen, dass die
Hefe auch unter anaeroben Bedingungen eingelagert werden kann.
Im Prinzip kann hier die selbe Technik verwendet werden, die
bei der Filtration Anwendung findet.
Da
die Temperatur der Erntehefe aus dem Konus des Gärtanks
nicht konstant ist, muss die Möglichkeit bestehen, die
Hefe zu temperieren. Externe Wärmeübertrager haben
den großen Vorteil gegenüber doppelwandigen Tanks,
dass die
· Wärmeübertragungsfläche und somit die
· Grenzflächentemperatur
frei gewählt werden kann.
Tanks
für die Behandlung und Herführung der Hefe
Hefetanks
für die Behandlung von Erntehefe und Tanks für die
Hefeherführung unterscheiden sich prinzipiell nicht. Sie
sind bezogen auf die Sudgröße nur unterschiedlich
groß.
Zunächst
muss der Tank incl. sämtlichem Zubehör reinig- und
sterilisierbar ausgeführt werden. Dies ist nur scheinbar
eine ganz selbstverständliche Forderung; denn wie ein Großteil
der ausgeführten Anlagen zeigt, sind hier ein massives
Misstrauen gegenüber den Lieferantenversprechungen und
klar formulierte Funktionsbeschreibungen in der Bestellung dringend
zu empfehlen.
Luft
verhindert Sterilisation
Der
häufigste Fehler ist, dass beim Sterilisieren der Dampf
die Luft nicht vollständig verdrängen kann und deshalb
nicht alle Anlagenteile, die direkt oder indirekt mit der Hefe
in Berührung kommen können, die Kondensationstemperatur
des Dampfes erreichen.
Neben
der vertraglichen Absicherung, die die Planungs- und Ausführungsfehler
nicht vermeidet, sondern nur die wirtschaftlichen Auswirkungen
abmildern kann, kann es sehr sinnvoll sein, die Planung zu qualifizieren.
Denn das, was bei theoretischen Betrachtungen nicht funktioniert,
funktioniert meist auch in der Realität nicht oder nur
ungenügend.
Benötigte
Funktionen für Hefetanks
Die
Hefetanks benötigen neben der CIP- und SIP-Fähigkeit
noch folgende Funktionen:
· Mischen,
· Temperieren (kontrolliertes Kühlen und oder Erwärmen),
· Druck regeln,
· Gase lösen,
· Befüllen / Entleeren,
· Flüssigkeit hinzugeben.
Zum
Mischen können Rührwerke oder Pumpen zum Einsatz kommen.
Wenn die Systeme richtig geplant und ausgeführt werden,
funktionieren sie beide für diese Funktion. Pumpenrührwerke
bieten den Vorteil, daß sie einfacher zu warten sind,
und dass die anderen geforderten Funktionen mit wesentlich geringerem
Aufwand zu integrieren sind.
Die
Bauart und die Ausführung der Pumpe sollte sorgfältig
durchgeführt werden. Prinzipiell können folgende Bauarten
zum Einsatz kommen:
· Schraubenspindelpumpen,
· Drehkolbenpumpen,
· Schraubenzentrifugalpumpen,
· Kreiselpumpen.
Wenn
ein System ausschließlich Vorteile gegenüber einem
anderen System hätte, würde es nach einer gewissen
Zeit das andere System nicht mehr geben. Die vorangegangene
Auflistung ist nach Anschaffungspreisen sortiert.
Wenn
ein System dieser Größe steril ist, ist es mit vertretbarem
technischen Aufwand in diesem Zustand nur zu halten, wenn es
unter einem Überdruck gegenüber dem Umgebungsdruck
gehalten wird. Nach dem fachgerechten Sterilisieren mit Dampf
befindet sich das System unter Druck und ist luftfrei. Es sollte
nun ein steriles, sauerstoffarmes Gas in das System gegeben
werden, um einen Überdruck aufrecht zu erhalten. Als Gas
bietet sich z.B. Stickstoff aus einer „vor Ort Lufttrennungsanlage“
an. Die Höhe des Überdruckes hängt von der Qualität
der Regelkette ab, üblicherweise werden Überdrücke
zwischen 5 und max. 100 mbar eingestellt.
Die
genannten Funktionen sind selbsterklärend. Bei der Flüssigkeitszugabe
wird es sich meist um Würze handeln. Da jedoch Alkohol
ein Zellgift ist, kann es vorteilhaft sein, die geerntete Hefe
z.B. mit entalkoholisiertem Bier, ggf. von Vor- und Nachlauf,
zu verdünnen.
Die
Temperaturführung, Belüftung und Zugabe von Würze
sollte sich ausschließlich daran orientieren, wann vom
Erntezeitpunkt aus gesehen die Hefe zum Anstellen benutzt werden
soll.
Der
Dampfeintritt für das Sterilisieren geschieht bevorzugt
(in Strömungsrichtung gesehen) vor dem Sterilfilter der
„Einrichtung zum Lösen von Gasen“.
Beim
Anstellen ist es inzwischen gängige Praxis die Hefe kontinuierlich
mit einer hygienischen, zwangsfördernden Pumpe während
des Würzekühlens in den Würzestrom zu geben.
Meßsysteme
der Anstellregelungen
Anstellregelungen
über
· Differenztrübungsmessung funktionieren ähnlich
wie
· Messungen der Hefevitalität nur,
wenn man die Systeme sehr häufig kalibriert und alle Einflussfaktoren,
die die Trübung oder Hefevitalität beeinflussen, genauestens
berücksichtigt. Der Aufwand, um voraussehbare Ergebnisse
mit diesen Systemen zu erzielen, ist in der Praxis deutlich
größer, als eine individuelle Zellzahlbestimmung
von jedem Hefetank in Verbindung mit einer volumenproportionalen
Dosierung.
Kontinuierliche
Hefeherführung
Abb.
1:Hefevermehrungstechnologie, bei der zu jedem beliebigen Zeitpunkt
immer die selben, konstanten Bedingungen vorherrschen
(x = Zeit; y = Volumen im Tank)
Abbildung
1 zeigt eine Hefevermehrungstechnologie, die nicht an eine spezielle
apparative Einrichtung gebunden ist. Hier wird
· kontinuierlich belüftet und
· kontinuierlich volumenproportional Sterilwürze
hinzugegeben und
· für das Anstellen die benötigte Menge entnommen.
· Die Zellzahlen, und der Nährstoffgehalt sind immer
konstant.
Um
das System an verschiedene wöchentliche Sudzahlen anzupassen
kann die Dosierung der Würze leicht verändert werden
bzw. um längere Sudpausen zu überbrücken kann
die am Ende der Sudwoche verbliebene Hefemenge reduziert werden.
Wenn man die zu dosierende Sterilwürze und die zu entnehmende
Hefemenge im Bereich von 95 bis 105 Prozent variiert, was im
Verhältnis zu anderen Systemen im Bereich des Messfehlers
liegt, kann man über sehr lange Zeiträume hinweg mit
quasi-konstanten Verhältnissen arbeiten.
Fazit
Dem
Verfasser ist kein Betrieb bekannt, der diese Technologie anwendet.
Wenn man mit dieser Verfahrensweise jeden Sud anstellen wollte,
wäre der hierfür notwendige Hefevermehrungstank sehr
groß. Das Prinzip funktioniert natürlich auch, wenn
man auf diese Weise z.B. nur einen Sud am Tag oder einen Sud
pro Woche anstellt. Selbstverständlich könnte man
das System auch mit mehreren, dementsprechend kleineren Tanks
realisieren.
Mit
sorgfältiger Planung und Prüfung ist es möglich
Systeme zu bauen oder zu modifizieren, die für die heute
denkbaren Technologien optimal einsetzbar sind, ähnlich
wie die Arme der Skispringer.
Hochwertige
Kreiskolbenpumpe, trockenselbstansaugend, üblich für
Hefeernte und Hefegabe, hier: Fristam Baureihe FL
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