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Raimund Kalinowski

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Die Klapperstorchtheorie
Tipps und Tricks bei der Ausführung von KZE

Als die ersten Kurzzeiterhitzer (KZE) installiert wurden, setzte man ein großes Vertrauen in die Technik der Plattenapparate. Zu diesem Zeitpunkt waren Bündelrohrwärmeübertrager noch mit Flachdichtungen versehen und Kenntnisse über Grenzflächentemperaturen wurden bei der Konstruktion von Bündelrohrwärmeübertragern nur sehr begrenzt berüchsichtigt, sofern sie überhaupt verfügbar waren.

Der folgende Beitrag gibt praktische Hinweise für die Angebotseinholung, sowie wichtige Hinweise für die verschiedenen KZE-Ausführungen. Er wirft auch Fragen auf, die in der Brauereifachliteratur nicht behandelt werden.

Bernd-Günther, 11 Jahre, geht in die 5te Klasse der Realschule. Er kommt nachhause und erklärt, dass er jetzt wisse, wie das Wasser in die Blätter der Bäume gelangt. Er hat im Unterricht ein großes buntes Bild von einem skelettierten Baum gemalt. Die Beschriftung sagt aus, das von den 30 m tiefen Wurzeln bis in die 30 m hohe Baumkrone das Wasser gelangt weil an den Blättern Wasser verdampfe und durch den entstehenden Unterdruck das Wasser nachfließe.

Bernd-Günther ist nicht begeistert als sein Vater den Lehrer anruft und ihn fragt, was dieser Unsinn solle und polemisch Pisa-Studien und anderen Elternfrust dem Lehrer an den Kopf wirft, als dieser versucht über die Klapperstorchtheorie sein Vorgehen zu rechtfertigen. Nach der Klapperstorchtheorie bietet man erst einmal eine für den kindlichen Verstand logische aber falsche oder unzureichende Erklärung an und hält diese solange aufrecht, wie das Kind sie akzeptiert. Erst wenn der „Erwachsene“ es für sinnvoll hält oder das Kind zweifelnd nachfragt, erzählt er das nächste Kapitel der „Wahrheit“, das heißt Kapillarkräfte und osmotischer Druck werden erst in den kommenden Schuljahren oder überhaupt nicht behandelt werden.

Als die ersten Kurzzeiterhitzer installiert wurden, setzte man ein sehr großes Vertrauen in die Technik der Plattenapparate. Zu diesem Zeitpunkt waren Bündelrohrwärmeübertrager noch mit Flachdichtungen versehen und Kenntnisse über Grenzflächentemperaturen wurden bei der Konstruktion von Bündelrohrwärmeübertragern nur sehr begrenzt berücksichtigt sofern sie überhaupt verfügbar waren.

Relativ kostengünstig wurden mit den Plattenapparaten große Übertragungsflächen realisiert, die zu kleinen Temperaturdifferenzen mit dementsprechend hoher Wirtschaftlichkeit führten. „Prozentualer Wärmerückgewinn“ ist seit dem ein Leistungsmerkmal von Kurzzeiterhitzern, das ohne die Absolutwerte ähnlich aussagekräftig ist wie die Kolbachzahl [Eiweißlösungsgrad] beim Malz. Denn wenn bei gleicher Temperaturdifferenz die Temperatur angehoben wird steigt der prozentuale Wärmerückgewinn proportional an. Wenn hingegen die Temperaturdifferenz verringert wird, steigt der Flächenbedarf proportional zur Verringerung der Temperaturdifferenz an. Je kleiner die Temperaturdifferenz bereits ist, desto geringer steigt jedoch der prozentuale Wärmerückgewinn an. Eine kleinere Temperaturdifferenz und ein damit verbundener höherer Wärmerückgewinn ist nicht nur eine Funktion der eingesetzten Kapitalkosten sondern bei sinkender Temperaturdifferenz vergrößert sich auch das Füllvolumen des Apparates im selben Verhältnis wie die Fläche ansteigt. Bei sonst unveränderten Verhältnissen steigt auch der Druckverlust hierdurch direktproportional an. Der Energieaufwand für das Anfahren der Anlage, für die Reinigung und auch die Mischzonen der Reinigungsflüssigkeiten sind ebenso höher, wie die Produktmischzonen bei Produktionsbeginn, Produktumstellung und Produktionsende.

Wenn bekannt ist wie der Kurzzeiterhitzer betrieben werden soll, ist es möglich die wirtschaftlichste Lösung zu berechnen.

Nicht nur durch die thermodynamischen Faktoren sondern vor allem durch die hydraulischen Eigenschaften wird die Qualität der Auslegung eines Plattenapparates bestimmt. Viele Lieferanten und Anlagenbauer verlassen sich hier auf die als Auslegungsprogramme bezeichneten Rechenprogramme der Plattenapparatehersteller, die im allgemeinen vor Jahren von Fachleuten als reine Rechenhilfen erstellt worden waren. Nach den hinterlegten Parametern nennen diese Programme zwar Apparate die prinzipiell funktionieren, die aber selten optimal auf den Anwendungsfall ausgerichtet sind.

Als ein und dieselbe Anfrage von 3 verschiedenen Stellen an 5 verschiedene Hersteller von Plattenapparaten geschickt wurde, waren die dann erhaltenen 3 Angebote pro Plattenapparate-Hersteller nur bei einem dieser Hersteller nahezu identisch. Bei einem Lieferanten variierte die ausgewählte Übertragungsfläche um den Faktor 1,5 zwischen dem kleinsten und größten angebotenen Apparat, bei vollkommen identischer Anfrage! Normalerweise sind die Anfragen nicht geeignet den optimalen Apparat auszulegen bzw. es ist sogar nahezu unmöglich eine Anfrage so zu formulieren, das der optimale Wärmeübertrager angeboten wird.

Im einfachsten Falle wählt der Anbieter die billigste Lösung weil er erwartet, das der Anfragende nicht den notwendigen Sachverstand besitzt und über den Preis bei sonst identischen Eckdaten entscheiden wird. Häufig werden vom Endkunden Forderungen aufgestellt, die einen Apparat bedingen, der zur weitaus überwiegenden Betriebszeit am Rande des Zulässigen oder Sinnvollen betrieben wird, weil er ausgelegt wurde, damit er auch irgendeinen Sonderbetriebszustand beherrschen kann. Das größte Problem in der Praxis stellt sicherlich der Bereich des geforderten Durchflusses dar: 50% bis 110% der Nennleistung sind hier normal. Je größer diese Spanne wird, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit das ungünstige Betriebszustände auch akzeptiert werden müssen.

Nach der „Geiz ist geil“-Mentalität wird häufig vom Lieferanten versucht die geforderten Eckdaten zu einem möglichst geringen Preis zu realisieren. So werden z.B. sehr kleine Gestelle gewählt, Platten verschiedener Prägung in ein und demselben Apparat verwendet und die Schaltung nicht gleichförmig ausgeführt. Insbesondere die beiden letzten Punkte erfreuen sich zunehmender „Beliebtheit“. Wenn der Lieferant ein detailliertes Angebot erstellt, können diese Sparmaßnahmen leicht entdeckt werden. Einige Hersteller legen die Auslegungsdaten jedoch nicht mehr dem Angebot bei. Selbst auf Nachfrage sind einige Hersteller nicht bereit die detaillierte Planung des angebotenen Apparates offenzulegen. Es wird empfohlen mit der Anfrage vollständige Angebote inkl. der detaillierten Auslegung anzufordern und Lieferanten die dieser Aufforderung nicht nachkommen nicht zu berücksichtigen.

Auch von einem Laien sind diese beiden Punkte leicht überprüfbar. Die Prägung der Platten sollte für alle Platten die gleiche sein. Diese Regel gilt zumindest für alle Apparate, deren vorgesehene Betriebsbedingungen keine Extremzustände beinhalten.

Um die notwendige Strömungsgeschwindigkeit zu erreichen werden Plattengruppen parallel betrieben. Höhere Strömungsgeschwindigkeiten liefern einen besseren Wärmeübergang aber auch einen höheren Druckverlust oft auch in Verbindung mit höheren Grenzflächentemperaturen. Im Allgemeinen sollte die Schaltung durch den gesamten Apparat hindurch identisch sein, d.h. wenn z.B. in der Regeneration 8 mal jeweils 14 Platten parallel geschaltet sind, sollten auch im Erhitzer und im Kühlabteil jeweils 14 Platten parallel geschaltet werden. Hierdurch kann sich eine rechnerische „Flächenreserve“ von mehr als 100 % ergeben. Diese Reserve hat aber keine thermodynamischen sondern ausschließlich hydraulisch begründete Ursachen.

Wenn ein Kunde andeutet, dass nicht die Anschaffungskosten im Vordergrund stehen, bedeutet dies leider nicht, das der Lieferant dies wirklich richtig versteht.

Alternativ zu der gerade beschriebenen Ausführung ist es insbesondere bei großen Apparaten erwägenswert nicht einen Apparat mit drei Abteilen sondern drei separate Wärmeübertrager aufzustellen. Hierdurch müssen nicht drei verschieden Anforderungen in ein und dasselbe Gestell gezwängt werden. Für die Regeneration und die Kühlung werden hierbei Plattenapparate mit deutlich unterschiedlichen Gestellen eingesetzt. Oder für die Kühlung wird ein Bündelrohrwärmeübertrager mit Kältemitteldirektverdampfung gewählt und nur die Regeneration wird als Plattenapparat ausgeführt. Alleine durch diese Maßnahme kann sich die Wirtschaftlichkeit verbessern.

Der Erhitzer wird bevorzugt als mit Dampf direktbeheizter Rohrbündelwärmeübertrager betrieben. Plattenapparate können bauartbedingt keine 100prozentig gleichmäßige Strömung gewährleisten. In der Praxis sind bei Plattenapparaten Abweichungen von ± 10% von der mittleren Strömung normal. Diese Abweichungen sind im Bereich der Regeneration und der Kühlung unkritisch. Bei jedoch aus Qualitätsgründen höheren Pasteurisiertemperaturen unter entsprechender Verkürzung der Zeit, können diese Strömungsunterschiede die Bierqualität negativ beeinflussen.

Bier im Erhitzer einer KZE direkt mit Dampf zu erwärmen ist bis heute eher ungewöhnlich. Deshalb soll nachfolgend ein Erhitzer als Plattenpaket mit Sekundärkreislauf mit einem dampfdirektbeheizten Rohrbündelwärmeübertrager verglichen werden.

In diesem Beispiel sollen 350 hl Bier pro Stunde von 68°C auf 73°C im Erhitzer erwärmt werden. Die daraus resultierende thermische Leistung beträgt ca. 200 kW. Bei einem Plattenapparat würde der Sekundärkreislauf üblicherweise mit etwa 75°C im Vorlauf und 72°C im Rücklauf betrieben. Hieraus ergibt sich eine mittlere logarithmische Temperaturdifferenz von 2,9 Kelvin. Bei einem k-Wert von 2.500 Watt/m²K ergäbe sich beim Plattenerhitzer eine Übertragungsfläche von ca. 28 m². Wenn man nun einen Bündelrohrwärmeübertrager mit ebenfalls 28 m² wählen würde und annimmt, das durch eine passende Auslegung der k Wert ebenfalls 2500 Watt/m²K beträgt, ergäbe sich eine notwendige Dampftemperatur von nur 74,1°C, d.h. etwa 1°C weniger als beim Plattenapparat mit Sekundärkreislauf.

Der Hauptunterschied eines Wärmeübertragers mit flüssig:flüssig Betrieb gegenüber einem Wärmeübertrager in dem auf einer Seite Dampf kondensiert liegt darin, das durch die Zustandsänderung die Temperatur auf der Dampfseite nahezu konstant ist. Diese sehr banal klingende Erkenntnis ist ein unschlagbarer Vorteil. Bündelrohrwärmeübertrager können so ausgelegt werden, das sie von den Strömungsverhältnissen und von der Grenzflächentemperatur her dem Plattenapparat deutlich überlegen sind.

Beim obigen Beispiel mit 73°C und einer üblichen Heißhaltezeit von 30 Sekunden ergibt sich eine thermische Belastung von 38 Pasteurisationseinheiten. Wenn die Heißhaltezeit auf nahe 0 Sekunden reduziert wird, d.h. die Pasteurisation ausschließlich beim Erwärmen und Abkühlen statt findet, müsste eine Temperatur im Bier von fast 79°C erreicht werden, um die 38 Pasteurisationseinheiten zu realisieren. In diesem Temperaturbereich bedeuten jedoch Regelabweichungen von 0,5°C eine Veränderung der thermischen Belastung von deutlich über 10%.

Der Regelkreis: Temperaturmessung im Bier am Austritt des Erhitzers und Steuerung des Dampfventils am Wärmeübertrager des Sekundärkreislaufs, ist sehr träge. Akzeptable Ergebnisse erzielt man nur, wenn der Bier-Volumenstrom sich nur sehr langsam oder auch gar nicht verändert.

Die Funktion zwischen Druck und Kondensationstemperatur ist eine feststehende physikalische Größe. Eine Druckmessung ist sehr schnell und sehr präzise. Beim mit Dampf direktbeheizten Rohrbündelwärmeübertrager als Erhitzer einer KZE können Ergebnisse erzielt werden, die um mindestens den Faktor 10 genauer sind, als bei klassischen Lösungen mit Plattenpaket und Sekundärkreislauf. Da der Rohrbündelwärmeübertrager auf der Dampfseite unterhalb des atmosphärischen Druckes betrieben wird sind geänderte Dampf- und Kondensatarmaturen inkl. einer aktiven Entlüftung notwendig.

Bei der Herstellung von Wärmeübertragungsplatten kann es zu Mikrorissen kommen, die bei den routinemäßigen Produktions- und Qualitätsprüfungen nicht entdeckt werden. Insbesondere bei der Erstinbetriebnahme - aber auch nach einem Betriebsstillstand - wird häufig ein flüssigkeitsleerer Plattenapparat durch eine Rohrleitung befüllt. Durch die vor der Flüssigkeitssäule vorhereilende Luft können Tröpfchen auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt werden. Auch die Geschwindigkeit der Flüssigkeitssäule selbst wird häufig nicht kontrolliert und deutlich unterschätzt. Hierdurch können beim Eintritt in den Plattenapparat so hohe Kräfte auftreten, das Platten mechanisch beschädigt werden. Während einer Überprüfung von gebrauchten Plattenapparaten bei einem Gebrauchtmaschinenhändler wiesen deutlich mehr als die Hälfte der untersuchten Apparate mindestens eine Platte mit einem Riss auf. Diese Risse sind im Allgemeinen so klein, das sie ohne Hilfsmittel visuell nicht erkannt werden können.

Das Risse in Platten regelmäßig auftreten ist seit Jahren bekannt. Aus diesem Grunde werden Anlagen nach dem Stand der Technik immer mit positivem Druckgefälle ausgeführt. D.h. es wird sichergestellt, dass das Eiswasser im Kühler oder das Heißwasser im Sekundärkreislauf nie einen höheren Druck aufweisen kann als das Bier auf der anderen Seite der Platte. Durch eine Druckerhöhungspumpe nach der Regeneration wird sichergestellt, das der Druck des thermisch behandelten Bieres stets höher ist als der des unpasteurisierten Bieres.

Wenn die Risse jedoch so klein sind, das man sie mit dem bloßen Auge nicht erkennen kann, kann man dann Flüssigkeit einfach durch diese Risse hindurchpumpen? Könnte es sein, dass der osmotische Druck - ähnlich wie beim 30 m hohen Baum - und nicht der Pumpendruck die Flussrichtung bestimmt? Ist der osmotische Druck im Bier nicht üblicherweise höher als der im Warmwassersekundärkreislauf oder im Glykolwassergemisch? Wäre es sinnvoll, z.B. durch das Hinzufügen von geeigneten Salzen, den osmotischen Druck im Heiz- und Kühlwasser zu erhöhen?
Üblicherweise werden diese Fragen nicht gestellt. Die Thematik wird in der Brauereifachliteratur nicht behandelt. Warten wir auf den Klapperstorch, das er uns die Fortsetzung erzähle.

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© 2006 by Raimund Kalinowski