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Was ist, wenn der Analyseautomat ausfällt?
Mit der Rheinbegradigung begann Johann Gottfried Tulla im Jahr 1817. Dies war dass Aus für die Malaria in Deutschland; denn die Stechmücke Anopheles maculipennis stach fortan nicht mehr den gewohnten Zwischenwirt der Malaria den Menschen, sondern vornehmlich Rinder, da dies für die Mücke nun bequemer war. 1956 wurde der letzte Malariatote in Deutschland registriert.
- Mancher mag diese Information in die Kategorie „unnützes Wissen“ einordnen, aber sie gehört tatsächlich zum Lerninhalt deutscher Schulen.
- Das Wissen der Menschheit verdoppelt sich in wenigen Jahren, die Erdbevölkerung wächst wesentlich langsamer. Der Einzelne weiß aber insgesamt nicht mehr, sondern nur etwas anderes, als z.B. sein Vater oder Großvater. Wenn man davon ausgeht, dass die Bevölkerung der Erde in den kommenden 18 Jahren um 15% wachsen wird und sich das Wissen der Menschheit alle 3 Jahre verdoppelt und das Wissen gleichmäßig verteilt wäre, werden in 18 Jahren 2 Menschen im Mittel nur noch über 1,5% gemeinsames Wissen verfügen gegenüber heute. Die Kommunikation zwischen 2 Menschen müsste durch Anwendung dieser (nicht ganz ernstgemeinten) statistischen Auswertung in 18 Jahren deutlich schwieriger sein als heute.
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Beherrschbarkeit der Automatisierung
Der normale Mensch wird bereits heute immer mehr zum Anwender. Sogar sehr einfache Prozesse, wie z.B. das Auslösen der Hupe eines Autos werden über einen BUS mit Hilfe eines Steuergerätes ausgeführt. Bei „modernen“ vernetzten Autos könnte man mit dem Smartphone aus z.B. Timbuktu (Mali) die Hupe des in der heimischen Garage geparkten Autos betätigen. Einen Sinn findet man sicherlich, wenn es erst einmal die Möglichkeit gibt. So ist die „START-Schaltfläche“ bei Win8 standardmäßig nicht mehr vorhanden, es gibt aber eine „App“ (ein kleines Programm), dass die Darstellung und Funktion der Schaltfläche emuliert. Ein einzelner ist kaum noch in der Lage irgendeinen Prozess vollständig ohne Hilfsmittel umzusetzen.
Daten und auch Programme befinden sich nicht mehr auf lokalen Festplatten oder firmeninternen Servern, sondern auf „Wolken“ und die Kommunikation mit diesen Wolken wird selbstverständlich von Providern und Dritten im Netz überwacht, ausgewertet und genutzt. Dies ist häufig vollkommen legal, da man einer entsprechenden Nutzung vertraglich durch ein Häkchen zugestimmt hat. Die Datenschutzerklärung von z.B. Facebook, der man bei der Anmeldung zur Nutzung von Facebook zustimmen muss, besteht aus 72.234 Anschlägen (Fassung vom 11.12.12), das sind gut 48 Normseiten. Es mag bezweifelt werden, dass die Mehrzahl der 24,6 Millionen „aktiven“ Facebook-Nutzer in Deutschland tatsächlich diese Vereinbarung vollständig gelesen und verstanden hat.
Auch Laborgeräte sind heutzutage selbstverständlich vernetzt. Über entsprechende Datenbanken lassen sich Zusammenhänge ermitteln, wie dies Steinhaus bereits vor 30 Jahren propagiert hat. So könnte z.B. die Stromaufnahme eines mechanischen Förderers mit bestimmten Analysedaten korrelieren. Wenn der Trockensteinausleser besonders viel aussortiert, ist häufig auch der Friabilimeterwert schlecht, da der Trockensteinausleser einen großen Teil von Ausbleibern (unvermälzter Gerste) abscheidet. Diese Daten sinnvoll und richtig auszuwerten, ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden, sodass erfasste Daten in vielen Betrieben erst einmal nur archiviert werden. Je komplexer die Verknüpfung der Systeme wird, desto schwieriger ist es, Fehler zu entdecken und zu beseitigen. Auch wenn eine (Fern-)Wartung inklusive automatischer Aktualisierung der Firmware technisch möglich ist, ist es fraglich, ob Risiken und Nutzen in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen. Grundsätzlich eröffnet diese Entwicklung Möglichkeiten, deren Ausmaß viele noch nicht abschätzen können; man sollte die Risiken aber weder überbewerten, noch sie vollkommen ignorieren. Diese Entwicklung aufhalten zu wollen, entspräche einem Kampf gegen Windmühlen.
Revision der Prozesse
Früher kam meist einmal im Jahr ein erfahrener (technischer) Revisor, der partnerschaftlich die Prozesse beleuchtete und hinterfragte, Fehler aufdeckte und bei der kontinuierlichen Verbesserung der Prozesse half. Anwendungsberater der Reinigungsmittelfirmen haben teilweise diese Aufgabe übernommen. Die Auditoren des zertifizierten QS-Systems helfen hingegen manchmal dabei, systematische Fehler sauber zu beschreiben und in das QS-System zu integrieren. Dies liegt auch daran, dass die Auswahl eines Zertifizieres nach anderen Kriterien erfolgt, als die Auswahl eines technischen Revisors.
Je mehr Daten automatisch erfasst und ausgewertet werden, desto dringender müssen diese Prozesse vor deren Einführung validiert werden. Zur „Einführung und Validierung von Analysenmethoden“ wurde von der MEBAK eine entsprechende Schrift veröffentlicht, die die MEBAK auch im Internet zum kostenfreien Download im pdf-Format zur Verfügung stellt.
Wertung von Ergebnissen
In vielen Betrieben ist der Unterschied zwischen Produktions- und Qualitätskontrollen nicht erkennbar. Bei einer Produktionskontrolle sollten die Häufigkeit der Untersuchung, der Sollwert und die Toleranz ebenso festgelegt sein, wie die Korrekturmaßnahmen bei einem Ergebnis außerhalb der Toleranz. Ergebnisse sind grundsätzlich auf ihre Plausibilität zu prüfen! Darum muss der Auswertende über einen entsprechenden Sachverstand verfügen, sofern es nicht ein intelligentes Auswertesystem gibt. Falls ein Ergebnis nicht nachvollziehbar ist, wird in der Regel zunächst eine Kalibrierung des Messsystem durchgeführt, um einen Messfehler auszuschließen. Falls das Messsystem tatsächlich defekt ist und weder kalibriert noch sofort repariert werden kann, sollte bereits ein Plan vorliegen, wie jetzt zu verfahren ist. Dieser Ersatzprozess sollte regelmäßig geübt werden, während das Hauptsystem noch verlässlich funktioniert.
Als in einem (realen) Betrieb die automatische Titration mit integrierter Berechnung ausfiel, war ein Laborleiter nicht (mehr) in der Lage nach einer manuell durchgeführten Titration die prozentuale Konzentration einer Lauge zu berechnen. Verständlicherweise konnte der Produktionsmitarbeiter mit der Angabe, die Lauge wäre 0,47 normal, sehr wenig anfangen.
Obwohl die Schwierigkeiten während der Gärung unerklärlich waren, wurde das Ergebnis des Geräts zur automatischen Zellzahlbestimmung weiterhin dazu verwendet die Hefegabe festzulegen. Dass die „vom System gewählten“ Dosierungs-Verhältnisse nicht stimmen konnten, wurde nicht realisiert. Im Betrieb war keine Thoma-Kammer vorhanden und nach deren Beschaffung stellte man fest, dass man „vergessen“ hatte, wie eine Thoma-Kammer verwendet wird.
Pyknometrisch die Dichte zu bestimmen, haben viele seit dem Studium nicht mehr durchgeführt. Eine Bieranalyse wurde vor der Einführung von Automaten in den Betriebslaboratorien nicht nach der Destillationsmethode, sondern mit Refraktometer und Spindel durchgeführt. Wobei es leider nicht selbstverständlich ist, dass das Laborpersonal heute noch weiß, wie eine Spindel korrekt abzulesen ist. Wer dies anzweifelt sollte einmal den Test, möglichst meiner Spindel die von oben (üblicherweise innerhalb der Produktion im Einsatz) und einer die von unten (da die Verwendung von durchsichtigen Spindelzylindern notwendig ist, im Allgemeinen für den Gebrauch im Labor mit Glaszylindern) abzulesen ist, durchführen. Die Verwendung eines Refraktometers ist zwar sehr einfach, aber nicht selbst erklärend. Und falls ein neues Refraktometer für den Notfall beschafft wird, sollte die Auswahl nicht dem Einkäufer überlassen werden, sonst bekommt man vielleicht eins für Hobbywinzer oder -imker.
Warum werden welche Daten erfasst?
Wenn man festgelegt hat, welche Daten für die Steuerung der Produktion notwendig sind, kann man alternative Prozesse evaluieren. Dies klingt extrem banal, aber ein Großteil der Daten wird nur erfasst, weil der Aufwand der Erfassung gering ist.
Früher wurde die „ausreichende“ Kochung über Zeit, Verdampfung und Begutachtung des Bruchs definiert. Die DMS-Konzentration ist nur ein einzelner Parameter, der als Indikator für eine effiziente Kochung strapaziert wird. Die Mürbigkeit eines Schweinebratens hat einen direkten Einfluss auf den Essgenuss, die Mürbigkeit des Malzes ist hingegen ein Indikator für die Lösung bzw. die Gleichmäßigkeit der Lösung. Insbesondere für die Wareneingangsprüfung wird üblicherweise ein Friabilimeter verwendet.
Da Gerste eine Dichte von ca. 1,25 t/m³ und Malz im Mittel eine Dichte von 0,98 t/m³ hat, wurde früher die Sinkerprobe durchgeführt. Unzureichend gelöste Körner sinken hierbei zu Boden, gut gelöste schwimmen aber nicht immer. Einige Betriebe konnten eine hohe Korrelation zwischen dem Friabilimeter und der Sinkerprobe feststellen. Delbrück beschreibt bereits 1910 im Illustriertes Brauerei-Lexikon die Problematik von der Mürbigkeit eines Malzes auf die Verarbeitungsfähigkeit schließen zu wollen. Bei der Sinkerprobe wird von der Dichte auf die Mürbigkeit geschlossen, aber eigentlich will man etwas über die Verarbeitungsfähigkeit wissen.
Zahlreiche Messmethoden sind indirekt. In den USA ist es üblich die Dichte einer Würze zu bestimmen und auch den Dichte-Wert zu verwenden (die führenden Ziffern werden hierbei üblicherweise weggelassen). In Europa bevorzugt man eine andere Skala. Gleichgültig ob man Balling, Plato oder Brix sagt, bedeutet dies, dass bei einer reinen Saccharose-Wasserlösung der hier genannte Wert, der Saccharosekonzentration entsprechen würde. In der Regel wird aber nicht die Konzentration einer reinen Saccharoselösung bestimmt. Dass das Verhältnis von Dichte zu Konzentration bei beliebigen Flüssigkeiten nicht dasselbe, wie bei einer wässrigen Saccharoselösung sein kann, leuchtet jedem ein. Wenn man nun das Messprinzip ändert und statt Dichte z.B. die Schallgeschwindigkeit oder die Lichtbrechung bestimmt, kann natürlich das Äquivalent der Saccharosekonzentration nicht mehr identisch sein. Die Schallgeschwindigkeit in flüssigem Quecksilber und in 10-grädigem Wasser ist übrigens mit 1450 m/s nahezu gleich, was z.B. bei der Dichte nicht zutrifft. Die Unterschiede der Messprinzipien werden ja bei der Analyse von Mehrstoffgemischen genutzt, sodass die übliche Kalibrierung mit einer Saccharoselösung auf Brix oder Plato nicht funktionieren kann.
Neben dem Vorhalten von Ersatz-Prozessen, kann auch rechtzeitig geprüft werden, welche Analysen evtl. extern durchgeführt werden können.
Die Ergebnisse von Qualitätskontrollen werden nicht dazu genutzt, den Produktionsprozess zu steuern. Eine typische Qualitätskontrolle ist die Lagerkontrolle. Das abgefüllte Produkt kann man nur noch ausliefern oder auch nicht. Die Ergebnisse von z.B. mikrobiologischen Stufenkontrollen oder auch Standproben liegen erst vor, wenn nicht mehr korrigierend eingegriffen werden kann. Die Beurteilung von Ersatzprozessen für die Qualitätskontrollen sollte unabhängig von denen für die Produktionssteuerung erfolgen.
Schlussfolgerung
Falls stabile Produktionsprozesse gleichbleibende Ergebnisse ohne regelmäßige Eingriffe gewährleisten, wird der Notfallplan anders aussehen, als bei Ergebnissen, die tatsächlich zur Steuerung der Produktion unerlässlich sind.
Zahlreiche Analysenwerte werden erfasst, weil es einfach ist, sie zu erfassen oder weil der Automat diesen Wert einfach mit auswirft. Quantitative Analyse bedeutet nicht, möglichst mit geringst möglichem Aufwand möglichst viele Analysenwerte zu archivieren.
Zur Produktionssteuerung werden häufig Indikatoren bestimmt. Zur Bestimmung dieser Indikatoren werden meist indirekte Bestimmungsmethoden eingesetzt. Erst wenn man sich bewusst macht, dass die Schallgeschwindigkeit nicht ein Qualitätsmerkmal ist und dass bestimmte Einzelwerte nur Indikatoren für die ordnungsgemäße Durchführung eines Prozessschrittes sind, wird man in der Lage sein, geeignete Ersatzprozesse zu definieren. Eine Erweiterung der Erkenntnis über den Sinn und Zweck der gegenwärtig erfassten Werte wird sich hierbei nicht vermeiden lassen.
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