Ausmisch-,
Dosiertechnik
Ein
wirtschaftlicher Vergleich unter Berücksichtigung immer
kürzerer Produktzyklen.
Das
Empire State Building in New York war 41 Jahre lang das höchste
Gebäude der Welt. Gleichgültig wie gigantisch neue
Gebäude auch sein mögen, man muss kein Prophet sein,
um voraus zu sagen, dass es sicherlich kein Gebäude der
Gegenwart oder Zukunft schaffen wird, diesen Titel so lange
zu behalten.
Die
Firma Wenger stellt ein Schweizer Messer mit Zigarrenschere
zum Richtpreis von 65,- Euro her, ein echtes „Outdoor
Werkzeug“ wie eine Fachjury während eines Tests urteilte.
Die Bedürfnisse und die Umgebung eine gute Zigarre zu genießen,
scheinen sich auch zu wandeln.
Airbus
Industries baut für die heutigen Flugpläne und die
zukünftigen Fluggastzahlen ein Großraumflugzeug der
Superlative, dass nur auf wenigen Flughäfen dieser Welt
landen kann und für das die notwendigen Einrichtungen auf
den Flughäfen erst geschaffen werden müssen. Boeing
hingegen glaubt nicht, dass die jetzige Flugplanstrategie mit
wenigen Umsteigeknoten von dauerhaftem Bestand sein wird, und
das zukünftig wieder mehr Direktverbindungen angeboten
werden werden. Deshalb entwickelt Boeing ein kleineres Langstreckenflugzeug.
Nach
Christi Geburt dauerte es mehrere Jahrhunderte, bis sich das
Wissen der Menschheit verdoppelte, jetzt rechnet man mit einer
Verdoppelung des Wissens alle paar Jahre, was einen exponentiellen
Anstieg des Wissens zur Folge hat.
Es
stehen jedem einzelnen immer mehr Informationen zur Verfügung.
Es werden ständig neue Produkte auf den Markt gebracht.
Nicht nur die Lenker von Aktiengesellschaften stehen unter Erfolgsdruck,
es werden laufend positive Meldungen erwartet.
Die
Gameboy Generation, die gelernt hat, dass man auch durch „try
and error“ und Beharrlichkeit zum Erfolg kommt, zieht
langsam in die Chefetagen ein.
Bei
all diesen Entwicklungen zu glauben, dass die Technik zur Herstellung
von Getränken, die vor 10 oder 20 Jahren für die damaligen
Anforderungen entwickelt worden war, auch noch den heutigen
oder zukünftigen Bedürfnissen entsprechen wird, könnte
man als „blauäugig“ bezeichnen.
Was
sind aber die heutigen und zukünftigen Anforderungen? Kann
man sich „try and error“ leisten oder greift man
lieber zum „Schweizer Messer mit Zigarrenschere“?
Wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, kann man sicherlich
abschätzen, ob man beim kommenden Osterspaziergang eine
Zigarrenschere benötigen wird. Ebenso ist es auch möglich,
mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit voraus zu sagen, welche
Anforderungen zukünftige Anlagen erfüllen müssen.
Je
nach Betriebsgröße, wird es auch zukünftig Abfüllanlagen
geben, bei denen Produktwechsel selten statt finden werden.
Da aber auch große Unternehmen zunehmend versuchen Nischen
zu besetzen, wird es selbst in Großbetrieben Anlagen geben,
die trotz einer Vielzahl von Produktwechseln noch wirtschaftlich
produzieren können.
Wenn
man davon ausgeht, dass die Auswahl von Anlagen primär
nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geschieht, gibt es zum
einen Auswahlkriterien, die nicht oder nur sehr eingeschränkt
verfahrensabhängig sind. Dies sind insbesondere:
o Service und Zuverlässigkeit des Lieferanten
o Dokumentation
o Wartungsfreundlichkeit /-armut
o Reinigungsfähigkeit (z.B. automatisch betätigte
Probenahmeventile?)
o Qualität des hergestellten Produktes
o Genauigkeit von Brix und CO2-Gehalt
o Sauerstoffgehalt
o zu erwartende Anlagenverfügbarkeit
etc.
Und
es gibt Kriterien, die zumindest in erheblichem Maße verfahrensabhängig
sind. Wie z.B.:
o Produktverluste beim An- und beim Abfahren der Anlage
o Spülzeiten (insbesondere die Zeit, die benötigt
wird, um eine Anlage, auf der ein zucker- und koffeinhaltiges
Produkt hergestellt wurde, zucker- und koffeinfrei zu spülen.
Aber auch die Zeit, die benötigt wird, bis nach einer alkalischen
Reinigung sämtliche Bauteile wieder laugefrei sind)
o maximal / minimal mögliche CO2-Gehalte
o Möglichkeit andere Gase wie z.B. Sauerstoff, Stickstoff
oder Argon zu lösen
o mögliche Mischungsverhältnisse (Sirup + Wasser)
o Erweiterbarkeit
etc.
Die
Anforderung an eine Anlage, die nur ein einziges Produkt, eventuell
sogar mit nur einer Leistung herstellen muss ist natürlich
anders, als an eine Anlage die eine Vielzahl von Produkten herstellen
können muss. Im ersten Falle kann es wirtschaftlich sinnvoll
sein, ein tankbasiertes System mit Druckentgasung zu wählen.
Prinzipiell
ist der Aufwand eine möglichst hohe Dosiergenauigkeit zu
erreichen bei Systemen geringer, die chargenweise betrieben
werden. Die kleinste, übliche „Charge“ ist
hier die Füllung des Zylinders einer Kolben-Dosierpumpe.
Heute wesentlich verbreiteter sind jedoch Systeme, bei denen
definierte Mengen in kleinen Behältern abgemessen werden,
um dann in einem größeren Behälter vermischt
zu werden. Selbstverständlich stellen auch diese Anlagen
kontinuierlich Produkt zur Abfüllung zur Verfügung
und sie können natürlich auch „in eine Leitung
eingebaut“ werden, trotzdem bleibt das Dosiersystem ein
Chargensystem und es arbeitet nicht wirklich kontinuierlich
und ist auch keine Inline-Dosierung.
Es
verwundert manchmal, welchen sprachlichen Aufwand die Hersteller
dieser Anlagen treiben, um die wahre Technik zu verschleiern
oder zu verstecken. Beim chargenweisen Mischen ist es möglich,
auf Regler und elektronische Steuerungen (nahezu) vollständig
zu verzichten. Dosierfehler sind normalerweise konstant, d.h.
sie verändern sich nicht während der Produktionszeit.
Hierdurch ist es meist möglich, durch Nachregulieren die
Abweichungen kontinuierlich zu reduzieren. Um CO2 zu sparen,
gibt es im allgemeinen eine Verbindung von der Karbonisierung
zur Druckentgasung. Das Spülen und Reinigen ist meist aufwendiger
als bei echten Inline Systemen. Der Aufbau ist komplexer und
der Platzbedarf ist größer als bei gut konstruierten
Inline-Systemen.
Unabhängig
von der Anlagenleistung benötigen Inline-Systeme einen
nahezu konstanten Aufwand an Mess- und Steuereinrichtung. Der
Mehraufwand bei höheren Anlagenleistungen wird hier im
wesentlichen durch größere Nennweiten der Armaturen,
Rohrleitungen und Durchflussmesser verursacht. Diese Kosten
sind im Verhältnis der Grundkosten relativ gering, so dass
bei zunehmender Anlagenleistung die Investitionskosten relativ
langsam ansteigen. Hierdurch erscheinen die Investitionskosten
bei kleinen Anlagenleistungen - im Vergleich zu Chargenmixern
- extrem hoch zu sein.
Auch
durch entsprechende Werbeunterstützung haben Inline-Systeme
einen sehr guten Ruf. Welches verfahrenstechnische Konzept einer
Anlage zugrunde liegt, ist dem Anlagenbetreiber eigentlich gleich.
Er benötigt bestimmte Funktionen und bewertet die Wirtschaftlichkeit.
Ein verfahrenstechnisches Konzept kann zwar die Grundlage für
bestimmte Funktionen sein, aber erst die richtige technische
Umsetzung gewährleistet die Erfüllung der Anforderungen.
Viele Inline-Systeme setzen den Grundgedanken nicht konsequent
genug um. Im Idealfall würde sich ein Inline-Mixer wie
ein Stück Rohrleitung benehmen.
Während
des normalen Betriebes ist dies jedoch nicht möglich, da
Wasser, Sirup und CO2 vermischt werden, gibt es gezwungenermaßen
„Einmündungen“. Insbesondere bei mehrstufigen
Wasserentgasungen sind Rückführ- Überlauf- oder
Zirkulationsleitungen sinnvoll. Zur Betriebskontrolle sind Probenahmeventil
notwendig, inkonsequenterweise werden diese selten automatisch
mitgereinigt.
Wenn
es für den normalen Betrieb nicht möglich ist, ist
es denn dann möglich einen Mixer so aufzubauen, dass er
sich beim Spülen und Reinigen wie ein Stück Rohrleitung
benimmt?
Im
Prinzip ist es mit einem relativ geringen Aufwand möglich,
wenn es bei der Konzeption und bei der Konstruktion direkt berücksichtigt
wird (siehe Abb.1). Die Wasserentgasung wird in diesem Beispiel
über einen Koppelbogen in den Reinigungskreislauf eingebunden.
Dies ist praxisgerechter als eine Ventilkombination vorzusehen,
da die Wasserentgasung normalerweise sehr viel seltener als
der Sirup und Getränkebereich gereinigt wird. Im großen
Reinigungskreislauf, in dem die Wasserentgasung mitgereinigt
wird, wird bei diesem Mixer die in der Literatur genannte minimale
Strömungsgeschwindigkeit für die Reinigung von 1,6
m/s deutlich unterschritten. Verunreinigungen, die die mechanische
Unterstützung durch hohe Strömungsgeschwindigkeiten
für Ihre Beseitigung benötigen, sollten in der Wasserentgasung
nicht vorkommen. Andernfalls wäre die Ursache hierfür
zu ermitteln und zu eliminieren.
Der
grundlegende Unterschied von praktischem Nutzen für den
Betreiber von optimal ausgeführten Inline Mixern zu entsprechend
ausgeführten tankbasierten Mixern, ist somit, dass Inline-Mixer
beim Reinigen und Spülen den Sirup und Getränkeweg
nach dem first in first out (fifo) Prinzip ausschieben und es
damit nur zu minimalen Vermischungen und dadurch zu sehr kurzen
Spülzeiten kommt.
Der
wirtschaftliche Vorteil durch die verringerten Spül- und
Produktwechselzeiten ist abhängig von der Kapazitätsauslastung
der Anlage. Wenn hierdurch Überstunden vermieden werden
können, kann eine Einsparung von 15 Minuten pro Umstellvorgang
je etwa 200 Euro wert sein. Wenn bei einem großen Betrieb,
im Mehrschichtbetrieb hierdurch die Anschaffung einer neuen
Anlage vermieden werden kann, beträgt der Wert dieser Zeiteinsparung
ein vielfaches davon. Wenn die eingesparte Zeit hingegen zum
„Hoffegen“ genutzt wird, tendiert die wirtschaftliche
Bedeutung gegen null.
Reduzierte
Spülwasser- und damit verbunden auch Abwassermengen werden
häufig zu hoch bewertet. Eine Einsparung von z.B. 3 m³
pro Spülvorgang entspricht einer Einsparung von nur etwa
10 Euro. Die verringerten Produkt- und Sirupverluste sind selbstverständlich
stark von den Grundstoffkosten abhängig. Bei einer mittleren
Anlage sind Einsparungen von mindestens 10 l - auf Sirup bezogen
- pro Umstellung zu erwarten, so dass auch hier pro Umstellung
mindestens 10 Euro als Einsparung angesetzt werden können.
Der
CO2 Verbrauch von Mixern kann erheblich sein. Bei einer Druckentgasung
und einer Karbonisierung im Bereitstellungstank ist ein kontinuierlicher
CO2-Verbrauch zusätzlich zu der CO2-Menge, die für
die Karbonisierung benötigt wird, technisch unvermeidbar.
Bei einer Vakuumentgasung und einer kontinuierlichen Karbonisierung
muss das Kopfraumgas im Puffertank nicht zwingend CO2 sein.
Bei sauerstoffempfindlichen Produkten könnte hier Stickstoff
aus einer vor Ort betriebenen Luftzerlegungsanlage verwendet
werden. Bei der Mehrzahl der Produkte ist sterile Druckluft
problemlos einsetzbar. Die Einsparungen sind hier sehr stark
davon abhängig, wie gleichmäßig die Abfüllung
läuft. Bei einer Dosenabfüllanlage ist der CO2-Verbrauch
durch schwankende Füllstände im Puffertank möglicherweise
zu vernachlässigen. Bei älteren Mehrweg-Glasanlagen
kann diese Schwankung jedoch beachtlich sein. Ein Betreiber
berichtet von einer Einsparung von 100 t CO2 im Jahr, durch
die Umstellung auf einen Inline-Mixer und den Betrieb des Puffertanks
mit steriler Luft.
Bei
optimal ausgeführten Anlagen sind die Dosiergenauigkeiten
unabhängig vom gewählten Dosierprinzip sehr hoch.
Einsparungen durch Ausnutzung der Toleranzen zu erzielen, dass
heißt durch eine Veränderung des Einstellwertes auf
einen Wert unterhalb des Sollwertes, wenn dabei trotzdem noch
Produkt innerhalb der Toleranz hergestellt wird, ist eigentlich
unaufrichtig. Bei Einsatz einer besseren Technik sollten - sofern
hier nicht Konzernvorgaben dagegen sprechen - die Sollwerte
und die zulässigen Toleranzen den neuen Gegebenheiten angepasst
werden.
Bis
jetzt wurden konventionelle Mixer, die aus Fertigsirup, Wasser
und CO2 ein Fertiggetränk herstellen betrachtet.
Seit
einigen Jahren gibt es Mehrkomponenten-Mixer auf dem Markt.
Mehrkomponenten-Mixer mischen aus mindestens 3 Flüssigkomponenten
das Getränk. Im einfachsten Falle sind dies Wasser, Einfachsirup
und Limonadengrundstoff. Der Limonadengrundstoff kann noch weiter
aufgeteilt werden, z.B. kann Zitronensäure separat dosiert
werden. Falls wenige Hauptprodukte in größeren Mengen
hergestellt werden, sind eventuell einige Dosierstränge
fest einem ganz bestimmten Limonadengrundstoff zugeordnet.
Es
gibt auch Mehrkomponenten-Anlagen, die mit einem Quasi-Sirup
betrieben werden. Hier werden flüssige und trockene Limonadengrundstoffe
vorgemischt um dann mit Wasser, Einfachsirup und z.T. mit Säure
ausgemischt zu werden.
Der
apparative Aufwand für die Mehrkomponenten-Mixer ist beträchtlich.
Beim Einsatz von Mehrkomponenten-Mixern kann durch kleinere
Tankgrößen der Platzbedarf im Sirupraum deutlich
reduziert werden, dies ist insbesondere bei Produktionserweiterungen
in vorhandenen Räumlichkeiten meist das Entscheidungskriterium
für einen Mehrkomponenten-Mixer.
Manchmal
wird der Wunsch geäußert, kleinste Mengen von z.B.
300 ml/h mit höchster Genauigkeit zu dosieren. Bei einer
Dosiergenauigkeit von 0,5 % entspricht dieses einer maximal
zulässigen Abweichung von 0,0004 ml/s. Bei einer Strömungsgeschwindigkeit
von 2 m/s dürfte diese Abweichung von 0,0004 ml demnach
nur innerhalb dieser 2 m auftreten. Die technische Schwierigkeit
liegt hier weniger in der notwendigen Dosier- und Messtechnik
sondern vielmehr in der Beherrschung der hydraulischen Eigenschaften
insbesondere unter Berücksichtigung der Reinigung.
Von
theoretisch denkbaren Ausnahmen abgesehen, kann die Dosiermenge
fast immer durch Hinzufügen eines geeigneten Lösungsmittels,
z.B. Wasser oder Einfachsirup, soweit angehoben werden, dass
eine kostengünstige Lösung für die Dosierung
eingesetzt werden kann.
Auf
der anderen Seite ist es denkbar, dass große Mengen z.B.
Fruchtsaft dosiert werden sollen. Mischungsverhältnisse
von 1+1 bereiten technisch keine Probleme. Wegen der notwendigen
Querschnitte von Rohrleitungen und Armaturen sollten solche
Mischungsverhältnisse jedoch nur eingeplant werden, wenn
die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass man solche Produkte auch
produzieren wird, andernfalls steigen die Produktverluste beim
Produktwechsel unnötig an.
In
Japan ist eine Entwicklung zu beobachten, dass man für
einzelne neue Produkte eine wirtschaftlich optimierte Anlage
installiert, die bereits während des Lebenszyklusses des
Produktes abgeschrieben wird. Man plant bewusst keine Reserve
und keine Funktionen für andere oder zukünftige Produkte
ein.
Grundsätzliche
Entscheidungen, wie sie Boeing oder Airbus Industries zu fällen
hatten, muss jeder Anlagenbetreiber selbst fällen. Wenn
er sich für die größtmögliche Flexibilität
einer Sortimentsanlage entscheidet, sollte er trotzdem jedes
„Extra“ detailliert aus wirtschaftlicher Sicht betrachten.
Auch
wenn er eine Zigarrenschere ohne Aufpreis erhalten kann, sollte
er sich die Frage stellen, wann, wo und wie oft er beabsichtigt
Zigarren zu rauchen und ob er dafür immer eine Zigarrenschere
mit sich herumtragen und ständig betriebsbereit halten
möchte?
Wenn
ein Ding nur Vorteile hätte, würde es die anderen
in kürzester Zeit nicht mehr geben. Da es jedoch verschiedene
Konstruktions- und Verfahrensprinzipien gibt, haben sie sicherlich
ihre Berechtigung. Wenn man den Aussagen der Lieferanten nicht
blind vertraut sondern die Aussagen von kompetenter Stelle prüfen
lässt, steigt die Wahrscheinlichkeit, eine technisch und
wirtschaftlich sinnvolle Lösung zu erhalten.
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