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Wissenswertes
-
EU-Richtlinie zur Mediation vom 28.02.2008
Artikel
1
Ziel und Anwendungsbereich
1.
Ziel dieser Richtlinie ist es, den Zugang zur alternativen Streitbeilegung
zu erleichtern und die gütliche Beilegung von Streitigkeiten
zu fördern, indem zur Nutzung der Mediation angehalten und
für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mediation und
Gerichtsverfahren gesorgt wird.
2.
Diese Richtlinie gilt bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten
für Zivil- und Handelssachen, nicht jedoch für Rechte
und Pflichten, über die die Parteien nach dem einschlägigen
anwendbaren Recht nicht verfügen können. Sie gilt insbesondere
nicht für Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche
Angelegenheiten oder die Haftung des Staates für Handlungen
oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte
("acta iure imperii").
3.
In dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck "Mitgliedstaat"
die Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks.
Artikel
2
Grenzüberschreitende Streitigkeiten
1.
Eine grenzüberschreitende Streitigkeit im Sinne dieser Richtlinie
liegt vor, wenn mindestens eine der Parteien zu dem Zeitpunkt,
zu dem
a) die Parteien vereinbaren, die Mediation zu nutzen, nachdem
die Streitigkeit entstanden ist,
b) die Mediation von einem Gericht angeordnet wird,
c) nach nationalem Recht eine Pflicht zur Nutzung der Mediation
entsteht, oder
d) eine Aufforderung an die Parteien im Sinne des Artikels 5 ergeht,
ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen
Mitgliedstaat als dem einer der anderen Parteien hat.
2.
Ungeachtet des Absatzes 1 ist eine grenzüberschreitende Streitigkeit
im Sinne der Artikel 7 und 8 auch eine Streitigkeit, bei der nach
einer Mediation zwischen den Parteien ein Gerichts- oder ein Schiedsverfahren
in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen eingeleitet wird,
in dem die Parteien zu dem in Absatz 1 Buchstaben a, b oder c
genannten Zeitpunkt ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt
hatten.
3.
Der Wohnsitz im Sinne der Absätze 1 und 2 bestimmt sich nach
den Artikeln 59 und 60 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001.
Artikel
3
Begriffsbestimmungen
Im
Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) "Mediation" ein strukturiertes Verfahren unabhängig
von seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit
Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen,
eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten
zu erzielen. Dieses Verfahren kann von den Parteien eingeleitet
oder von einem Gericht vorgeschlagen oder angeordnet werden oder
nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgeschrieben sein. Es schließt
die Mediation durch einen Richter ein, der nicht für ein
Gerichtsverfahren in der betreffenden Streitsache zuständig
ist. Nicht eingeschlossen sind Bemühungen zur Streitbeilegung
des angerufenen Gerichts oder Richters während des Gerichtsverfahrens
über die betreffende Streitsache;
b) "Mediator" eine dritte Person, die ersucht wird,
eine Mediation auf wirksame, unparteiische und sachkundige Weise
durchzuführen, unabhängig von ihrer Bezeichnung oder
ihrem Beruf in dem betreffenden Mitgliedstaat und der Art und
Weise, in der sie für die Durchführung der Mediation
benannt oder mit dieser betraut wurde.
Artikel
4
Sicherstellung der Qualität der Mediation
1.
Die Mitgliedstaaten fördern mit allen ihnen geeignet erscheinenden
Mitteln die Entwicklung und Einhaltung von freiwilligen Verhaltenskodizes
durch Mediatoren und Organisationen, die Mediationsdienste erbringen,
sowie andere wirksame Verfahren zur Qualitätskontrolle für
die Erbringung von Mediationsdiensten.
2.
Die Mitgliedstaaten fördern die Aus- und Fortbildung von
Mediatoren, um sicherzustellen, dass die Mediation für die
Parteien wirksam, unparteiisch und sachkundig durchgeführt
wird.
Artikel
5
Inanspruchnahme der Mediation
1.
Ein Gericht, das mit einer Klage befasst wird, kann gegebenenfalls
und unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles
die Parteien auffordern, die Mediation zur Streitbeilegung in
Anspruch zu nehmen. Das Gericht kann die Parteien auch auffordern,
an einer Informationsveranstaltung über die Nutzung der Mediation
teilzunehmen, wenn solche Veranstaltungen durchgeführt werden
und leicht zugänglich sind.
2.
Diese Richtlinie lässt nationale Rechtsvorschriften unberührt,
nach denen die Inanspruchnahme der Mediation vor oder nach Einleitung
eines Gerichtsverfahrens verpflichtend oder mit Anreizen oder
Sanktionen verbunden ist, sofern diese Rechtsvorschriften die
Parteien nicht daran hindern, ihr Recht auf Zugang zum Gerichtssystem
wahrzunehmen.
Artikel
6
Vollstreckbarkeit einer im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung
1.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass von den Parteien –
oder von einer Partei mit ausdrücklicher Zustimmung der anderen
– beantragt werden kann, dass der Inhalt einer im Mediationsverfahren
erzielten schriftlichen Vereinbarung vollstreckbar gemacht wird.
Der Inhalt einer solchen Vereinbarung wird vollstreckbar gemacht,
es sei denn, in dem betreffenden Fall steht der Inhalt der Vereinbarung
dem Recht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wurde,
entgegen oder das Recht dieses Mitgliedstaats sieht die Vollstreckbarkeit
des Inhalts nicht vor.
2.
Der Inhalt der Vereinbarung kann von einem Gericht oder einer
anderen zuständigen öffentlichen Stelle durch ein Urteil
oder eine Entscheidung oder in einer öffentlichen Urkunde
nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt
wurde, vollstreckbar gemacht werden.
3.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Gerichte
oder sonstigen öffentlichen Stellen zuständig sind,
einen Antrag nach den Absätzen 1 und 2 entgegenzunehmen.
4.
Die Vorschriften für die Anerkennung und Vollstreckung einer
nach Absatz 1 vollstreckbar gemachten Vereinbarung in einem anderen
Mitgliedstaat werden durch diesen Artikel nicht berührt.
Artikel
7
Vertraulichkeit der Mediation
1.
Da die Mediation in einer Weise erfolgen soll, die die Vertraulichkeit
wahrt, gewährleisten die Mitgliedstaaten, sofern die Parteien
nichts anderes vereinbaren, dass weder Mediatoren noch in die
Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundene Personen
gezwungen sind, in Gerichts- oder Schiedsverfahren in Zivil- und
Handelssachen Aussagen zu Informationen zu machen, die sich aus
einem Mediationsverfahren oder im Zusammenhang mit einem solchen
ergeben, es sei denn,
a) dies ist aus vorrangigen Gründen der öffentlichen
Ordnung (ordre public) des betreffenden Mitgliedstaats geboten,
um insbesondere den Schutz des Kindeswohls zu gewährleisten
oder eine Beeinträchtigung der physischen oder psychischen
Integrität einer Person abzuwenden, oder
b) die Offenlegung des Inhalts der im Mediationsverfahren erzielten
Vereinbarung ist
zur Umsetzung oder Vollstreckung dieser Vereinbarung erforderlich.
2.
Absatz 1 steht dem Erlass strengerer Maßnahmen durch die
Mitgliedstaaten zum Schutz der Vertraulichkeit der Mediation nicht
entgegen.
Artikel
8
Auswirkung der Mediation auf Verjährungsfristen
1.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Parteien, die eine
Streitigkeit im Wege der Mediation beizulegen versucht haben,
im Anschluss daran nicht durch das Ablaufen der Verjährungsfristen
während des Mediationsverfahrens daran gehindert werden,
ein Gerichts- oder Schiedsverfahren hinsichtlich derselben Streitigkeit
einzuleiten.
2.
Bestimmungen über Verjährungsfristen in internationalen
Übereinkommen, denen Mitgliedstaaten angehören, bleiben
von Absatz 1 unberührt.
Artikel
9
Information der breiten Öffentlichkeit
Die
Mitgliedstaaten fördern mit allen ihnen geeignet erscheinenden
Mitteln, insbesondere über das Internet, die Bereitstellung
von Informationen für die breite Öffentlichkeit darüber,
wie mit Mediatoren und Organisationen, die Mediationsdienste erbringen,
Kontakt aufgenommen werden kann.
Artikel
10
Informationen über zuständige Gerichte und öffentliche
Stellen
Die
Kommission macht die Angaben über die zuständigen Gerichte
und öffentlichen Stellen, die ihr die Mitgliedstaaten gemäß
Artikel 6 Absatz 3 mitteilen, mit allen geeigneten Mitteln öffentlich
zugänglich.
Artikel
11
Überprüfung
Die
Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem
Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis zum ...*
einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor. In
dem Bericht wird auf die Entwicklung der Mediation in der gesamten
Europäischen Union sowie auf die Auswirkungen dieser Richtlinie
in den Mitgliedstaaten eingegangen. Dem Bericht sind, soweit erforderlich,
Vorschläge zur Anpassung dieser Richtlinie beizufügen.
* acht Jahre nach dem Tag der Annahme dieser Richtlinie.
Artikel
12
Umsetzung
1.
Die Mitgliedstaaten setzen vor dem …** die Rechts- und Verwaltungsvorschriften
in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen;
hiervon ausgenommen ist Artikel 10, dem spätestens bis zum
…*** nachzukommen ist. Sie setzen die Kommission unverzüglich
davon in Kenntnis. Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften
erlassen, nehmen sie in den entsprechenden Vorschriften selbst
oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung
auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten
der Bezugnahme.
2.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten
nationalen
Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie
fallenden Gebiet erlassen.
**
Drei Jahre nach dem Tag der Annahme dieser Richtlinie.
*** 30 Monate nach dem Tag der Annahme dieser Richtlinie.
Artikel
13
Inkrafttreten
Diese
Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung
im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel
14
Adressaten
Diese
Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
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