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Raimund Kalinowski

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Gibt es eine schmerzfreie Art der Streitschlichtung?

Möglicherweise für den, der den Streit gewinnt?

„Ich liebe dich, möchtest du mit mir einen Ehevertrag schließen und mich danach heiraten?“; diesen Satz von einer Hollywoodgröße in einem Spielfilm dahingehaucht, kann man sich schwerlich vorstellen. Liebe hat etwas mit Vertrauen zu tun, Verträge jedoch schließt man schriftlich ab, weil man in Erwägung zieht, dass das gesprochene Wort unter Umständen „vergessen“ werden könnte.

Auch wenn es Kunden gibt, die der Meinung sind, man solle sie als König behandeln und der Lieferant wäre einer ihrer Untertanen, so ist doch überwiegend das Verhältnis zwischen Kunden und Lieferanten heute partnerschaftlich geprägt. Verträge werden selbstverständlich schriftlich geschlossen, aber bei deren Formulierung wird häufig nicht sorgfältig genug vorgegangen. Da Lieferanten und Kunden unterschiedliche Interessen und Ziele verfolgen, sprechen sie von ein und demselben Vorhaben mit anderen Worten. Der Kunde formuliert meistens Funktionen und der Lieferant Bauteile und Arbeitsleistungen. Wenn der Lieferant Funktionen beschreibt sollte man auf die Formulierung achten; denn andernfalls erhält man eventuell eine Schachtel mit dessen Inhalt man Rad fahren, reiten und schwimmen kann ohne das sich in der Schachtel ein Fahrrad oder gar ein Pferd befindet.

Während der Ausführung bis hin zur Abnahme gibt es zahlreiche ungeklärte Punkte, die im allgemeinen partnerschaftlich gelöst werden. Auch die weitaus größte Anzahl von Meinungsverschiedenheit wird auf dem Verhandlungswege zwischen den Parteien beseitigt. In den wenigen verbleibenden Fällen, in denen eine Lösung schwerlich möglich erscheint, ist die Hilfe eines unbeteiligten Dritten häufig die einzige Lösung.

Nachfolgend werden Lösungsmöglichkeiten eines Streites erörtert, wobei hier nicht nur die klassischen Methoden der Streitschlichtung sondern auch eine insbesondere für Deutschland sehr neue, hocheffektive Methode vorgestellt wird.

Ein ordentliches Gericht anzurufen bietet sich immer dann an, wenn man aus Prinzip streiten will oder/und es weniger um die Lösung eines Problems, als um die Ermittlung eines Schuldigen geht.

Ein Sachverständigengutachten oder auch ein Schiedsgutachten bietet sich an, wenn es sich ausschließlich um die Feststellung von Tatsachen handelt. Man könnte annehmen, dass diese Streitfälle ohne fremde Hilfe einfach beizulegen wären, aber gerade bei der Feststellung von Tatsachen gehen die Meinungen der streitenden Parteien häufig auseinander.
Beispiel: Eine Molkerei kauft einen neuen Pasteur und stellt fest, dass die Standzeit zwischen zwei Reinigungen um 30% niedriger liegt, als bei dem ersetzten, 20 Jahre altem Modell, aus DDR-Fertigung. Der Kunde ist aufgebracht und beruft sich auf Treu und Glauben und ist der Überzeugung, dass eine moderne Anlage auch im Hinblick auf die Standzeit der alten Anlage überlegen sein muss. Der Lieferant beruft sich zunächst auf eine nicht vertragsgemäße Milchqualität, führt den höheren Wärmerückgewinn als Teil einer Erklärung an und meint schließlich, dass moderne Plattenapparate engere Spalte hätten, um die Mischphasen und somit die Milchverluste zu reduzieren und somit auch schneller „zuwachsen“ dürften.

Bei diesem Beispiel bietet sich ein Sachverständiger als Streitschlichter an und zwar besonders wenn auch ein Lösungsvorschlag erwünscht ist.

Die Entscheidung eines Schiedsgutachters kann nur bei groben Fehlern oder bei grober Unbilligkeit angefochten werden und ist für beide Parteien verbindlich.

Die Vorteile des Schiedsgutachter-Verfahrens sind: Beide Parteien können einen Gutachter auswählen dem sie vertrauen. Das Verfahren ist nicht öffentlich. In der Regel liegt das Ergebnis schnell, dass heißt in den allermeisten Fällen innerhalb von 4 Wochen nach Beauftragung des Gutachters, vor. Beide Parteien sind immer über alle Schritte des Gutachters informiert. Er informiert prinzipiell unaufgefordert die gegnerische Partei über Unterlagen oder Informationen die er von der anderen Partei erhält. Die Abrechnung erfolgt nach Zeit und tatsächlichem Aufwand oder pauschal und ist insbesondere bei größeren Streitwerten deutlich kostengünstiger als die Klärung durch ordentliche Gerichte.

Schiedsgerichtsverfahren werden teilweise mit Schiedsgutachterverfahren verwechselt, sie unterscheiden sich aber deutlich voneinander. Das Schiedsgerichtsverfahren unterliegt im Gegensatz zum Schiedsgutachterverfahren zumindest teilweise der Zivilprozessordnung. Schiedsgerichtsverfahren finden in Deutschland eher selten statt. In einigen Ländern sind sie jedoch sehr gebräuchlich, da einer ihrer größten Vorteile darin besteht, dass diese Verfahren nicht öffentlich stattfinden. Häufig sind sie schnell. Auch hier können die Parteien sich ihren Richter aussuchen. Die Urteile eines Schiedsgerichtsverfahrens sind denen eines ordentlichen Gerichtes gleichgestellt! Der Urteilsspruch ist in sehr vielen Ländern anerkannt, so dass sich ein solcher Urteilsspruch in der Regel auch international durchsetzen lässt.

Mediation ist hauptsächlich aus dem Bereich von Familienstreitigkeiten oder vom Arbeitsrecht her bekannt. Der Duden erklärt Mediation als „harmonisierende Vermittlung bei persönlichen oder sozialen Konflikten (z.B. zwischen Scheidungswilligen)“.

Wirtschafts-Mediation nach der amerikanisch/angelsächsischen Methodik durchgeführt von Qualified Dispute Resolvers (QDR), hat mit der in Deutschland üblichen Form der Mediation wenig gemein.

So setzt man sich beim QDR nicht gemeinsam an einen Tisch, versucht zusammen Lösungen zu erarbeiten und geht dann nachhause; überdenkt alles noch einmal, spricht es mit anderen Personen durch, um es in einer Vielzahl von Fällen dann doch zu verwerfen. Diese Art der in Deutschland üblichen Form der Mediation hat bei sozialen oder persönlichen Konflikten sicherlich eine Daseinsberechtigung. Für Streitfälle im Wirtschaftsleben gibt es aber eine wesentlich erfolgversprechendere Methode.

Alle nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf dieses besondere Mediationsverfahren ohne das noch einmal besonders darauf hingewiesen wird.

Der QDR übernimmt selbstverständlich die Grundregeln der Mediation, d.h. die Parteien nehmen freiwillig teil, sie können jederzeit ohne Angabe von Gründen die Mediation verlassen und sie verändern ihre Rechtsposition nicht, falls die Mediation zu keiner Einigung führen sollte. In über 90% der Fälle wird direkt im Anschluss an die Mediation ein schriftlicher Vertrag über die gefundene Lösung getroffen.

Diese Art der Mediation will keine Gerechtigkeit im Sinne des Gesetzes erreichen sondern ausschließlich eine Lösung finden, mit der alle Beteiligten leben können! Die Schuldfrage wird nicht behandelt.

Abb.: Was ist gerecht?

Die Grundidee ist einfach erklärt: Würde man die streitenden Parteien in einen Raum sperren und sie nur hinaus lassen, wenn sie sich einigten, würden sie sich irgendwann einigen.

Der Mediator übernimmt die Rolle eines Katalysators und beschleunigt diesen Einigungsprozess. Hierfür sitzen die streitenden Parteien gemeinsam mit dem Mediator nur zusammen, während die Regeln der Mediation erklärt werden, danach spricht der Mediator im Wechsel immer nur mit einer einzigen Partei. Er hilft den Parteien ihre Bedürfnisse zu erkennen und als Advokat des Teufels zeigt er ihnen Risiken eines Rechtsstreites auf. Diese „Privatgespräche“ sind streng vertraulich, Informationen die der Mediator von einer Partei erhält wird er auf gar keinen Fall der anderen Partei mitteilen, falls er dafür nicht ausdrücklich autorisiert wurde. Da die Parteien nicht (direkt) miteinander verhandeln, wird nicht nur eine Änderung der Rechtsposition vermieden sondern auch das Verhältnis zwischen den Parteien wird durch die Mediation nicht verschlechtert.

Auch wenn rechtlicher Beistand nicht notwendig ist, kann die Begleitung und Beratung durch einen Anwalt sinnvoll sein. Im Prinzip ist die Mediation vergleichbar mit einer Verkaufsverhandlung. Ein Kaufvertrag wird auch nur abgeschlossen, wenn beide Seiten damit leben können. Ein Kaufvertrag ist auch nicht „gerecht“, da jede Seite ihre eigenen Informationen für sich behält und versucht die größere Hälfte vom Kuchen zu bekommen.

Auch wenn die Mediation ein nicht bindender Prozess ist, endet er in der Regel mit einer bindenden Vereinbarung zwischen den Parteien.

Die Kosten für eine Mediation orientieren sich nicht am Streitwert sondern ausschließlich am Aufwand.

Diese Art der Mediation ist auch sehr gut geeignet, falls mehr als zwei Parteien beteiligt sind.

Am Ende der Mediation werden sämtliche Aufzeichnungen des Mediators unabhängig vom Ausgang der Mediation vernichtet und eventuell erhaltene Unterlagen werden zurück gegeben.

Richter in Zivilprozessen sind angehalten während des gesamten Prozessverlaufs eine Einigung zwischen den Parteien zu fördern. Leider gibt es zu wenige wirklich idealistische Richter, die diese Aufgabe nachhaltig übernehmen. So werden nur etwa 30% der Zivilprozessfälle während des Verfahrensverlaufs beigelegt. Da man sich den Richter nicht aussuchen kann, sollte man zunächst die Anwendbarkeit des Mediations- oder des Schiedsgutachterverfahrens prüfen. Insbesondere das von einem QDR durchgeführte Wirtschafts-Mediationsverfahren belastet das partnerschaftliche Verhältnis zwischen Lieferanten und Kunden nicht, so dass auch zukünftig die Möglichkeit besteht zusammen zu arbeiten. Das Mediationsverfahren ist bei nahezu allen Streitfällen, bei denen es nicht darum geht „Recht zu bekommen“, anwendbar.

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© 2006 by Raimund Kalinowski